Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/91

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

auch wenn er sein Ziel nicht erreicht, stets unsere Sympathie für sich haben; ist die Erreichung des edlen Zieles aber nur der Deckmantel zur Befriedigung der persönlichen Eitelkeit und des schmutzigen Egoismus, dann werden wir uns mit Verachtung von ihm abwenden.

Wer sich ein unbefangenes Urtheil über den General v. Thielmann bilden will, lese die Schriften von Hüttel, de L'Or, Oberreit und Graf von Holtzendorff, von denen ich die letztere, welche aktenmäßig ist, meiner kurzen Auseinandersetzung zu Grunde gelegt habe.

Frhr. von Friesen,
Generalmajor z. D. 


Die ersten Anzeichen der lutherischen
Bewegung in Dresden.

Zu der Schilderung, die F. Dibelius in seiner Schrift [WS 1] von der Stimmung der Dresdner in der ersten Zeit nach Luthers Auftreten giebt, habe ich einige neuerdings ermittelte Einzelheiten nachzutragen.

Wenn ich auf Seite 12 dieser Blätter mittheilte, dem Pfarrer Dr. Peter Eyssenberg[WS 2] seien im Jahre 1521 die Fenster eingeworfen worden, so scheint dies einer Einschränkung zu bedürfen. Die Mittheilung geht auf einen Brief des Pfarrers an den Herzog Georg zurück (nach dem Original im Hauptstaatsarchiv Loc. 9716, abgedruckt bei Seidemann, Beiträge zur Reformationsgeschichte II, 45). In diesem Briefe schreibt er, nachdem er sich mit Krankheit entschuldigt, daß er nicht persönlich zum Herzog kommen könne, folgendes: „Das ich E. f. g. gestern vom stormen meyns hauses geschriben, habe ich yn grosser eyl vorgessen zcu dewten auff fenster außwerffen, wie Embser gescheen. Suft glewb ich wol ist keyner ßo kün, der sich etwas furders unterstünde. Den was alßo auff ein leucken mit werffen gescheen mocht, magk leychtlich vorhut werden, wen nur die wechter vleyssiger zcusehen“.

Diese Worte können meines Erachtens nur so verstanden werden: Es ist dem Pfarrer gedroht worden, daß man ihm das Haus stürmen werde. Dies hat er schleunigst dem Herzog gemeldet, wahrscheinlich mit der Bitte, Wächter zu seinem Schutze aufzustellen. Am andern Tage fällt ihm bei ruhigerer Betrachtung der Sache ein, daß mit dem angedrohten Stürmen vermuthlich nichts weiter gemeint sei als Fenstereinwerfen, wie es seinem Freunde, dem Kaplan Hieronymus Emser, zugestoßen war. Er glaubt, dem Herzog diese Er glaubt, dem Herzog diese harmlosere Auffassung nachträglich noch mittheilen zu müssen. Es werde keiner, meint er, so kühn sein, mehr gegen ihn zu wagen als Fenstereinwerfen, das sich leicht ableugnen lasse; aber auch das würden die Wächter bei größerer Aufmerksamkeit verhindern können. – Aus dem vorliegenden Briefe kann somit nur gefolgert werden, daß das Fenstereinwerfen zwar bei Emser zur Ausführung gelangt, dem Pfarrer aber zunächst bloß in Aussicht gestellt war.

Der Brief trägt kein Datum; nach einer Notiz auf dem Aktenumschlage soll er in das Jahr 1527 gehören. Vielleicht aber hat Seidemann (I, 53) Recht, wenn er ihn in das Jahr 1521 verlegt und die Nachricht des Pirnaischen Mönchs, daß damals vier „Stürmer der Priesterhäuser“ zur Staupe geschlagen worden seien, damit in Verbindung bringt.

Weitere Spuren der Gährung im Volke finden sich im Jahre 1523. Die städtische Kämmereirechnung verzeichnet unterm 16. Mai eine Ausgabe von 2 Gr. 3 Pfg. für einen Wächter, „der 11/2 Tag neben dem kaiserlichen Mandat gestanden, damit es niemand abnehme“. Mit diesem Mandat, das man vor dem Abreißen schützen mußte, kann nur das gemeint sein, welches Herzog Georg unterm 10. Februar 1522 beim Reichsregiment zu Nürnberg ausgewirkt hatte und worin den geistlichen und weltlichen Behörden scharfes Einschreiten gegen die kirchlichen Neuerungen anbefohlen wurde. (Vergl. Seidemann I, 55.)

Am 31. Mai 1523 ward Michel Moyses auf einen Tag ins Gefängniß gesetzt, „etlichs Singens halben, den Pfarrer zu Dresden belangend“ oder, wie es an anderer Stelle heißt, weil er „den Pfarrer gescholten“. (Kriminalbuch 1517 flg. im Hauptstaatsarchiv u. Gerichtsrechn. 1523.)

Kurz wird bereits vom Pirnaischen Mönch und von Weck (S. 482) die Geschichte des Jobst Weisbrod, des Verfassers einer Schmähschrift gegen die Pfaffen und Mönche, erwähnt. Nach dem Kriminalbuche ward Weisbrod, weil er sich “einen Schmähbrief zu tichten, zu machen und zu schreiben unterstanden, darin er viel redlicher Leute geistlichen und weltlichen Standes wider Recht geschmäht und an ihren Ehren angetastet, auch dieselbige Schmähschrift andern Leuten gewiesen und zuletzt übergeben“, am 20. Juli 1523 mit dem „Schandbriefe“ um den Hals vom Henker um den Markt geführt und auf eine Weile an den Pranger gebunden, und alsdann „hat ihm der Züchtiger den Schandbrief zu essen gegeben“. Dieser Weisbrod war übrigens der beste Bruder nicht, denn er wurde sofort vom Pranger weg wegen Ehebruchs der Stadt verwiesen. Da er trotz seines eidlichen Gelöbnisses auch später wieder Schmähbriefe an den Rath zu Dresden schrieb, wurde er auf dessen Veranlassung 1530 in Pulsnitz ergriffen

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/91&oldid=- (Version vom 28.4.2024)