Den ersten Monath der Correctur wird Hübner übernehmen, oder paßt Dir es besser, so sei so gütig, sprich mit ihm, ihm wirds gleich seyn. Ich werde doch erst nach Mitte Juni zurückkehren, kann also erst die 3te Correctur übernehmen.
Wirst Du mir verzeihen, wenn ich nicht persönlich Abschied nehme? gewiß nicht [so!], ich weiß es. Die letzte Zeit drängt viel zusammen, und ich will nirgend hin gehn.
So leb wohl, theuerer Freund, Gott geb uns allen ein frohes Wiedersehn. Der Krieg wird dann seinen Reigen begonnen haben, ich lebe der Hoffnung, Gott wird der guten Sache helfen.
Deiner lieben Frau, Tochter und Sohn und den Söhnchen die herzlichsten Empfehlungen und Grüße.
d. 23. April [1859].
Lieber Schnorr
Ich hörte von Carus, ganz im Vertraun, daß König Ludwig nächsten Sonntag auf ein paar Tage (ganz incognito) herkommen wolle, seine Schwestern die Königinnen zu besuchen. Da er doch jedenfalls die Gallerie und Dich besuchen wird, so wollte ich Dich nicht unvorbereitet lassen.
Mittwoch früh.
Liebster Schnorr,
Gestern Abend theilte mir Geh. Rath Kohlschütter mit, daß das Hempelsche Haus[3] gekauft würde, die Unterhandlungen sind eingeleitet, 500 Thaler Gehaltserhöhung. Die ganze Erhöhung soll als 1000 Thaler gelten, wovon 500 Thaler auf die Wohnung kommen. Was drüber ist, trägt wahrscheinlich das Ministerium unter andern Namen ein. Was weiß ich.
Mir brennt der Kopf und das Herz, und meine Hände falten sich stets zum Dank und dann zur Bitte, daß mirs Gott erhalten möge, wenigstens mein Luthermonument zu vollenden.
Ich lege Grüneisens Brief bei und danke dafür, und dem theuern Mann, daß er in so liebevoller Theilnahme meiner gedenkt.
Deiner vortrefflichen Frau die herzlichsten Grüße, sie war die erste, die in mir den Gedanken und Muth aufrief, auch Zulage zu fodern. Was wären wir ohne die Frauen!
Sonnabend früh.
Liebster Schnorr
Hier Webers Brief, der uns aber im Dunkeln läßt. Er hält sich, wie mir scheint, zu peinlich an genaue Ersetzung dessen, was in Humboldt vereinigt war.
Uebrigens sind außer der Botanik und Physik die andern Fächer vertreten. Für Chemie ist schon Liebig und Mitscherlich, für Geographie und Mineralogie Haidinger in Wien, für Astronomie Encke. Mir scheint also Webers Bruder[5] für Physik als eine geeignete Wahl.
Was meinst Du? Antworte mir eine Zeile, und ich werde noch an Weber schreiben und ihn aufklären, daß an diejenigen Facultäten nicht gedacht werden kann, die schon vertreten sind, und es doch wohl die Absicht der Ordenskanzlei seyn kann, für fehlende Fächer den bedeutendsten zu wählen.
Auch über Keller[6] will ich ihn noch aufklären.
Doch erst Deine Antwort, bester Freund.
Liebster Schnorr
Ich habe bedauert, daß ich, der ich diesen Winter das 2te. mal in Gesellschaft zu seyn versucht, Dich verfehlt habe.
Deine Ansicht ist die meine. Wenn von den einzelnen Wissenschaftsbranchen, welche Humboldt alle in sich vereinigte und wie sie Weber herrechnet, drei würdigst besetzt sind und also Physik und Botanik übrig bleibt, so mein ich die durch Humboldt erledigte Stelle am meisten und grad recht durch Physik vertreten wird[8]. Und da Weber außer seinem Bruder auch Neumann in Königsberg nennt, so ist mirs nur ein Beweis, daß er nicht partheiisch seyn und seinen Bruder allein nennen wollte.
- ↑ Geschrieben am 31. Angust 1859.
- ↑ Geschrieben am 29. Oktober 1859. Die Veränderungen in Rietschels amtlichen Verhältnissen, von denen der Brief berichtet, waren dadurch veranlaßt, daß ihm die Direktorstelle an der Berliner Akademie angetragen worden war.
- ↑ Ammonstraße Nr. 9, noch jetzt dem Staatsfiskus gehörig. Im nächstfolgenden Frühjahre wurde hier für Rietschel ein Atelier gebaut.
- ↑ Geschrieben am 11. Januar 1860.
- ↑ Wilhelm Weber in Göttingen.
- ↑ Joseph Keller, Kupferstecher in Düsseldorf.
- ↑ Geschrieben am 12. Januar 1860.
- ↑ Humboldts Nachfolger wurde H. W. Dove in Berlin. Wilhelm Weber wurde erst 1864 zugewählt.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/270&oldid=- (Version vom 9.12.2024)