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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/31

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den Erbzinsen erscheinen in diesem Jahrhundert bei einigen Weinbergen die Huthegelder für die Gerechtigkeit der Viehhütung und „Laubsamble“ in der anstoßenden Heide (so 8 Groschen von dem vormals Karpzovischen, 16 Groschen von dem Taubischen Weinberg).

Zu den mit größerem Weinbergshaus versehenen Weinbergen gehörte am Ausgang des 17. Jahrhunderts der 1630 mitgerodete Weinberg des Bürgermeisters Philipp Strobel östlich der Großenhainer Straße. Auf dem Grundstück war „mit Vorwissen und besonderer Konzession des Dresdnischen Rats“ seit etwa 1690 Bier verzapft worden, „denen in der Nachbarschaft daran Mangel leidenden Dorfschaften und den Reisenden zum besten“[1]. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts befand sich der Weinberg im Besitz von Strobels Schwiegersohn, dem Sächsischen Obersten und Generaladjutanten Lüder Hildebrand. Hildebrand brachte nicht nur neue Konzessionen auf das Haus, er vereinigte auch allmählich einen ansehnlichen Grundbesitz damit. Von neuen Weinbergen war es hauptsächlich der unmittelbar an das Grundstück stoßende, 1721 erkaufte Karpzovische Weinberg[2], von sonstigen Flurstücken Äcker in der Jeßnitz und Teiche und Wiesen im Amt Moritzburg (1718–1722 erkauft)[3]. Die Jeßnitz (Jehsnitz, Jäßnitz) war ursprünglich ein Waldstück südlich der erwähnten „Pfüz“ (der Jeßnitzpfütze, später Lechlas Pfütze genannt) zwischen der Rähnitzer Straße und den Höhen[4]. Unterm Trachenberge lag der sogenannte Holländische Acker, dessen Vorbesitzer von Erdmannsdorf war, wie Lüder Hildebrand überhaupt, so auch mit der Erwerbung von Rähnitzer Wiesen gewissermaßen in die Fußstapfen Erdmannsdorfs trat[5].

Auf dem alten Weinbergshaus des Strobelschen Weinbergs hatte Hildebrand, da es auch zur Gastung wegen der ehemals „allergnädigst konzedirten Gerechtigkeit, alda sowohl Dresdnisches als frembdes Bier zu schenken, auch zu backen und zu schlachten, aptiret“ war, „ein gewisses Gastzeichen zum Wilden Mann“ ausgehängt, das in der Konzession vom 7. Mai 1710 zum erstenmal erwähnt wird. Nur durch den Torbogen von dem Gastgebäude getrennt, stand das neue Herrenhaus, das Hildebrand ebenso wie die den Hof umgebenden Wirtschaftsgebäude mit „vielen Kosten“ erbaute.

Unter dem 27. Februar 1722 wandte sich der Oberst mit einem Gesuch an den König, ihm für diesen Besitz die Schriftsässigkeit und die Ober- und Erbgerichte oder wenigstens die letzteren zu gewähren.

„Diese Forwergs-Gebäude“, begründet er sein Ansuchen, „ingleichen die darzu geschlagenen Pertinentien sind nun unter Ew. Königl. Mt. hiesigen löblichen Amts Botmäßigkeit gelegen und werden von demselben die Ober- und Erb-Gerichte exerziret. Gleichwie mich aber mit der Zeit in meinem Alter bedürfender Ruhe wegen entschließen dürfte, daselbst gar beständig zu wohnen, dahero wünsche, daß dieses Forwerg sambt Pertinentien Ew. Königl. Mt. Churfürstl. Landes-Regierung immediate unterworfen wäre.“

Das Gesuch wurde unter dem 18. Juni 1722 genehmigt, das Vorwerk „nun und zu immerwährenden Zeiten vor Canzleischriftsäßig erklärt und Lüder Hildebrand und allen seinen Nachkommen und folgenden Besitzern die Erbgerichte darauf konzedirt“.

So war in der Reihe der Weinberge ein kleines Gebiet entstanden, das mit besonderen Rechten heraustrat und an der Gemeindebildung, wie sie in den späteren Zeiten sich allmählich vollzog, keinen Anteil nahm. Die „Neuländer Weinberge“ der Trachauer Bauern blieben ebenso von der Gemeindebildung, welche die Trachenberge im 19. Jahrhundert aus den Fluren der Dörfer Trachau und Pieschen heraushob, ausgeschlossen, sie gehörten zu Trachau.

2. Das schriftsässige Vorwerk zum Wilden Mann.

Die Gegend, in welcher der neue Herrrensitz lag, hatte manche Stätten, an die sich Erinnerungen dauernder

Art heften konnten; in der Heide hinter den Trachenbergen war die Stelle von „Herzog Heinrichs Umbwurf“, noch heute heißen die Abteilungen 63, 64, 69, 70 der „Umwurf“[6]


    hatten das Recht, daß ihnen 10 Klaftern hartes und 10 Klaftern weiches Holz alljährlich gegen halbe Bezahlung angewiesen und die Viehtrift auf 12 Stück Rindvieh, auch das Streu-Rechen in der Heide gestattet werden mußte. Besitzer des Gasthofs ist 1787 Seidel (Wetterfahne mit seinem Anfangsbuchstaben bezeichnet). (Privilegia LVIII. Bl. 290; F. A. Rep. XXXII. Dresden 180a.)

  1. Ratsarchiv H. XVI, 3.
  2. Loc. 5602. Das Hildebrandische Forwerg Bl. 54 (auf dieses und das folgende Aktenstück des Hauptstaatsarchivs ist häufig Bezug genommen).
  3. Loc. 31448 Policarp F. Lechlas Gesuch um Erteilung der Kanzleischriftsäßigkeit usw. 183 1/2 Bl. 9.
  4. Über die Jeßnitz und die älteste Topographie dieser Gegend vgl. Richter, Verfassungsgesch. Dresdens. Im Erbbuch des Amts Dresden 1547 erscheint die Jehsnitz neben dem Ratstännicht (s. Bl. 19 flg.). An der Jeßnitz lagen später die „Heidefelder“ der Neudorfer Bauern (Trachauer Kaufbuch 1740 Bl. 372 u. a. O.). Die Jeßnitz wurde 1638, ziemlich gleichzeitig mit den östlichen Trachenbergen und der Oberlößnitz (1627; Intraden 1644/5 Bl. 21) gerodet. Die Jeßnitzpfütze nahm den heutigen Burkhardschen Steinplatz und die Gegend am Pauli-Friedhof ein. Sie wurde zum größten Teil bei Herstellung der Straße zugeschüttet.
  5. Heute noch heißen die am Eiswerk zu Rähnitz liegenden Wiesen die Wildemannswiesen. Sie gehörten mit einem Teil von Rähnitz ins Amt Moritzburg. Der Wilde Mann besaß auch Wiesen zu Dippelsdorf.
  6. [29]
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/31&oldid=- (Version vom 30.11.2024)