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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/91

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Elbe selbst liegt Misna c(ivitas), die Stadt Meißen, sowie unweit des rechten Ufers, nahe der Spree Budisin ci(vitas et) regio. Dresden ist noch nicht erwähnt.

Seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts tauchen auch in Italien Karten auf, die das Meißnerland wenigstens in einigen Hauptzügen darzustellen bemüht sind. Die älteste rührt von einem Priester in Genua, namens Giovanni da Carignano her[1], der seit 1306 urkundlich erwähnt wird. Sie ist viereckig, 0,92 m breit und 0,62 m hoch, auf Pergament gezeichnet, aber ziemlich stark beschädigt und befindet sich gegenwärtig im Staatsarchiv zu Florenz. Die Autorlegende lautet: Johannes presbyter rector sancti Marci de portu Janue me fecit. Böhmen (Boemia) erscheint hier zum ersten Male wie auf fast allen späteren Karten von einem Gebirgskranze umgeben, der nur an jener Seite durchbrochen ist, wo die Elbe (Albis fl.) austritt. Der Oberlauf der Elbe wird noch mit der Moldau identifiziert und bildet darum einen nach Westen statt nach Osten geöffneten Bogen, an dem Praga liegt. Unweit davon steht der Landschaftsname Misena. Als Nebenfluß der Elbe erblickt man die Mulda. Sächsische Orte fehlen völlig.

Ebenso arm an Einzelheiten ist für unsere Gegenden auch die um 1320 entstandene, in mehreren Kopien überlieferte, etwa 0,324 m im Durchmesser haltende Weltkarte des Genuesen Petrus Vesconte[2], die der venezianische Patrizier Marino Sanudo seinem einst berühmten Werke Liber secretorum fidelium crucis super Terrae sanctae recuperatione et conservatione beigab, das er an die geistlichen und weltlichen Häupter der Christenheit übersandte, um sie, wenn auch vergeblich, zu einem Kreuzzuge anzuregen. Die Karte zeigt in Mitteldeutschland nur die Landschaftsbezeichnung misena (in einigen Exemplaren miscina), umgeben von den Namen boemia, toringia und marchia.

Die älteste Karte, auf der Dresden erwähnt wird, stammt aus dem Jahre 1339 und ist merkwürdigerweise weder deutschen noch italienischen, sondern catalanischen Ursprungs. Das kleine, aber tüchtige und unternehmende Handelsvolk der Catalanen an der Ostküste Spaniens und auf den Balearen scheint während des Mittelalters nicht nur Beziehungen zu den flandrischen Häfen und den Hansestädten, sondern auch zu den großen oberdeutschen Handelsplätzen und deren mitteldeutschem Hinterlande unterhalten zu haben. Durch diese Handelsverbindungen gewannen sie offenbar genauere Kenntnisse über die geographischen Verhältnisse der einzelnen deutschen Landschaften. Die Karte ist viereckig, 1,04 m breit und 0,75 m hoch, auf Pergament gezeichnet und mit Inschriften in lateinischer Sprache bedeckt. Sie umfaßt Europa, Nordafrika und das westliche Asien bis zum Kaspischen Meere. Gegenwärtig wird sie in Paris aufbewahrt. Der Verfasser nennt seinen Namen und das Jahr der Herstellung in einer ziemlich unleserlich gewordenen Legende: Hoc opus fecit angelino Dulceti ano MCCCXXXVIIII de mense augusti in ciuitate maioricarum. Er lebte also auf der zur Gruppe der Balearen gehörigen Insel Majorca. Da der Name des Autors sehr verwischt und im Laufe der Jahrhunderte nachgedunkelt ist, hat man ihn auch Dulceri, Dulcert, Dulceto und Dalorto[3] gelesen. Die Darstellung Mitteldeutschlands beruht auf guten Quellen. Aus dem von einem charakteristischen Gebirgskranze umgebenen Lande Boemia strömt in Schlangenlinien der flu. albia. An ihm liegen im Gebiete des Meißnerlandes drei Städte: perne, dresden, und vuice. Der letztere Name ist dunkel, vielleicht soll er Wurzen bedeuten. Am rechten Elbufer unweit Dresden liest man die Landschaftsbezeichnung saxonia.

Die früheste bisher näher beschriebene und reproduzierte italienische Karte, auf der man Dresden angegeben findet, ist ein rechteckiges, auf Pergament gezeichnetes Weltbild des Venezianers Francesco Pizigano[4] aus dem Jahre 1367. Die Breite beträgt 1,34 m, die Höhe 0,90 m. Die Autorlegende lautet in barbarischem Latein: M. CCC. LX. VII. hoc opus compoxuid Franciscus Pizigano veneciar et domnus pizigano In Venexia meffecit marcus die XII, decembris. Das Original befindet sich in der Nationalbibliothek zu Parma. Auch hier fällt bei der Betrachtung Mitteldeutschlands boemia, umgeben von dem üblichen Gebirgswalle, sofort ins Auge. Durch eine Lücke strömt der flu. abia (!) nach Norden, an dessen


  1. Studi biografici e bibliografici sulla storia della geografia in Italia II2, Roma 1882, S. 49 – 50. – Th. Fischer, Sammlung mittelalterlicher Welt- und Seekarten italienischen Ursprungs, Venedig 1886, S. 117 –126. – A. E. Nordenskiöld, Periplus, Stockholm 1897, S. 56 und Tafel V (Reproduktion der Karte in Lichtdruck).
  2. Studi S. 50 – 51. – Nordenskiöld, Facsimile - Atlas, Stockholm 1889, S. 51. – Derselbe, Periplus S. 17 and 56 – 58. – K. Kretschmer, Marino Sanudo der Ältere und die Karten des Petrus Vesconte: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin XXVI, 1891, S 352 – 370. – Miller a. a. O. Heft III, 1895, S. 133.
  3. G. Marcel im Compte rendu des séances de la Société de Géographie, Paris 1887, S. 28 ff. und im Choix de cartes et de mappemondes des XIVe et XVe siècles, Paris 1896, Nr. II (Reproduktion in Heliogravüre). – Nordenskiöld, Facsimile Atlas S. 47. – Derselbe, Periplus S. 58 und Tafel VIII – IX (Nachbildung in Lichtdruck).
  4. M. Jomard, Les monuments de la géographie, Paris o.J., Nr. X (lithographische Reproduktion). – Studi S. 57 – 58. – Nordenskiöld, Periplus S. 58.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/91&oldid=- (Version vom 8.12.2024)