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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/125

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Heimath nicht verfehlen. Es ist eine große Gnade von Gott, daß jeder gottsuchende u. liebende Mensch ein Allerheilichstes innerhalb seiner 7 wahren u. 5 falschen Rippen erbauen kann, u. sollte er auch, gleich Dante, durch die ganze Hölle geführt werden, seinen Himmel trägt er auch da mit sich, ja, mitten durch die Hölle rein u. unbeflekt. Das ist der wahre Tempel Salomonis, das ächte Heiligthum, der wahre Stein der Weisen, und die Universalmedizin, die den Frieden giebt, der höher ist denn alle Vernunft.

Meinen alten lieben Thomas grüße, küsse, herze u. schmaze viel Tausendmal in meinen Namen, sag ihm, (u. laß Dir, liebster Bruder, auch gesagt seyn) er solle um Weihnachten recht viel schreiben. Das Jahr läuft zu Ende, und: haben wir zugenommen mit dem Alter an Gnade u. Weisheit vor Gott u. den Menschen? – Ach wir wollen die köstliche Zeit recht zusammennehmen; es giebt nichts schöners im Erdenleben, als daß wir darin lernen u. vorwärts kommen können, bis uns der HErr zu einen Haupt-Avancement verhilft.

Meine Braut (oder quasi Frau) grüßt Dich u. Thomas von Herzen, ingleichen der alte Oehme, u. Schumacher. Der HErr sey bei Euch!

  Dein Bruder
Ludwig Richter.
Adresse
L. R.
Schandlaftmaler.
 
  große Schießgasse,   in  
No. 711. 4te Etage Dresden

NB. Lieber guter Kupferstecher, Du könntest (etwa als Lohn für meine prompte Bedienung) mir so ein altes verdorbnes Abdrükgen zukommen lassen, besonders wenn Du, wie ich hörte etwas nach Overbek machst, nach welchen ich etwas zu besitzen vor Verlangen brenne. – Der Kunsthändler Willmanns hat oft mit meinen Vater zu thun, durch den könntest Du so etwas mitschiken. Ich werde nun auch bald anfangen, etwas zu radiren, u. dann werde ich mich auch revangiren. – Wenn ich doch einmal so glüklich seyn könnte, Thomsens italiänische Zeichnungen wieder zu beschauen, mir ist jetzt jeder Strich von daher heilig; u. Oehme hat leider fast gar nichts aus Italien. – Vielleicht komm ich einmal nach Frankfurt.

NB. So eben bekomme ich Nachricht von Stölzel, welcher sehr klagt, daß ihn Hr. Arnold nicht länger in Rom lassen will, u. er jedoch alles versucht, um diesen Winter noch dort zu bleiben. Auf seiner Platte ist ist [!] Christus u. die Madonna zum Probedruck beinah fertig, u. die Köpfe aller übrigen Figuren ebenfalls. – Therese Zanetti ist als Brauns Ehefrau nach Stuttgardt abgesegelt. Stier hat im September Rom verlassen, um nach Berlin zu gehen, u. Träger hat eine Anstellung, ich glaube als Professor in Bonn erhalten. So verthun u. versorgen sich alle, nur uns beyde will niemand zum Professor machen. S’ist ein Jammer! –


Meißen d. 18. März 1828. 
Theurer Bruder Hoff.

Mit großen Verlangen sehe ich einigen Zeilen von Dir entgegen, u. wollte Dich u. Thomas nun um eine recht baldige Antwort bitten, da ich in einigen Wochen unsern lieben Maydell schreiben wollte, u. ihm entweder etwas von Euch schreiben möchte, oder vielleicht legtet Ihr einige fein- u. auf dünn Pappier geschriebene Zeilen an ihn mit bei. – Sein letzter Brief, der so voll Jubel u. Freude war, schien mir freylich gleich die etwas stürmische, aufgeregte Fröhligkeit zu seyn, die einer, der so lange in der Fremde herumgepilgert nun am heimischen Heerde, Eltern, Freunde, Weibchen u. Wirthschaft findet, wohl anfangs in hohen Grade empfinden muß. Einer seiner Bekannten in Dresden indeß sagte mir kürzlich, daß er sehr über seine Einsamkeit klagen soll, u. gar niemand hat, mit den er so recht von Herzensgrunde über Kunst u. dies u. das plaudern kann; niemand, der recht lebendigen Antheil an seinen Arbeiten nähme. Doch soll er sich mit einen großen Altarbilde für eine Dorfkirche (vermuthlich in seinem Sprengel) beschäftigen. Mit welcher Sehnsucht wird nun der gute Maydell auf Nachrichten von seinen Freunden harren, u. ich bitte Euch deshalb recht inständig, es ja nicht länger anstehen zu lassen, damit ich bald viel gute u. freundliche Botschaft von Stapel laufen lassen kann.

Könnt ich doch einmal Deine u. Thomas’ens Arbeiten schauen, oder noch besser, könnten wir zusammen arbeiten u. Abends beim Theekännchen wieder beisammen sitzen, ein römisch Rohrpfeifchen mit Olandino gestopft, qualmen, u. so was ergötzliches, fein ernstes sprechen oder lesen. Hier in Meißen, wo ich jetzt steke, wie Du aus Th.’s Brief wirst ersehen haben, wär’s grade so ein recht heimlichs Nest u. in mancher andern Hinsicht noch erbaulich. So ist z. B. der Domprediger[1] ein christlicher Mann, u. obwohl ein schlechter Redner, sagt er doch gute Dinge, die einen die Woche über schon ernähren können. Können wir freylich unsern Rothe nicht überall haben, so haben wir doch das theure werthe Buch, wo da mehr noch ist, als Rothe; u. das laß uns redlich nützen, damit der Schatz im Aker gehoben werde.


  1. Otto von Löben, geb. 1799, von 1833 bis 1873 Pfarrer in Rüsseina.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/125&oldid=- (Version vom 27.7.2024)