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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/221

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das Getreide auf Theuerung bei den Bürgern einzulegen. Dieses Verbot wurde in der Markt- und Polizei-Ordnung von 1570 erneuert. Unterm 7. Juli 1574 veröffentlichte der Rath eine erste Getreidehändlerordnung[1] mit folgenden 14 Vorschriften:

1. Ohne Erlaubniß des Raths soll kein Getreidehändler oder die Seinen in Böhmen oder Sachsen reisen zum Zwecke des Einkaufs von Getreide. 2. Wer die Erlaubniß zum Reisen erhalten hat, jedoch selbst nicht reisen kann, darf nur einen einzigen Einkäufer halten. 3. Es darf Niemand Getreide besprechen, d. h. zum Zwecke der Lieferung an ihn bestellen. 4. Keiner darf sich in den Kauf eines anderen mischen oder höhere Preise bieten. 5. Keiner darf mehr wie ein Schiff auf der Elbe, es sei auf- oder abwärts, haben und mit einem zweiten erst dann abfahren, wenn das ausgeschickte heimgekehrt ist. 6. Ein jeder soll sein erkauftes Getreide sofort vom Wagen ins Schiff laden und auf dem Lande kein Getreide aufschütten. Auch das Umladen von einem Schiff ins andere ist verboten. 7. Wer in Böhmen oder Sachsen Getreide kaufen will, soll seinen Kauf so einrichten, daß er nach der in Dresden geltenden Taxe wieder verkaufen kann. 8. Wer mit Getreide ankommt, muß dieses 3 Sonnenscheine d. h. 3 Tage und Nächte lang auf der Elbe feil halten[2], und 9. vorher sich bei dem verordneten Schatzherrn angeben und das Getreide nach Menge und Güte von diesem schätzen lassen. 10. Das Getreide darf den Bürgern und Einwohnern der Stadt nicht theurer überlassen werden, wie diese Schätzung es besagt und wie solches Getreide auf Schiff oder Boden zu kaufen ist. 11. Wer auf Borg sein Getreide ablassen will, soll keinen übermäßigen Gewinn nehmen und bedenken, was Wucher für große Sünde ist. 12. Jeder Händler soll von dem hierher gebrachten Getreide nicht mehr als den dritten Theil an Fremde verkaufen, die anderen 2/3 aber zum Verbrauch für die Stadt aufschütten und behalten. 13. Von dem, was nach Raths Gebot auf den Markt zu bringen war, darf nichts unverkauft wieder abgeführt werden. 14. Kein Getreidehändler soll von den Böhmen oder anderen Händlern, welche Getreide auf der Elbe nach Dresden bringen, kaufen oder diese bei sich aufschütten lassen.

Uebertreter dieser Verordnung wurden um 50 Guldengroschen oder Thaler gestraft.

Der Gefahr einer unregelmäßigen Zufuhr suchte man einerseits durch Errichtung staatlicher Kornmagazine, andererseits durch Zwangsspeicherung des Getreides zu Konsumzwecken – während man die Einlagerung zu Spekulationszwecken verbot – zu steuern. Im Jahre 1551 ordnete Kurfürst Moritz an, daß sich ein jeder Bürger für seinen Hausbedarf, besonders aber die Bäcker für ein Jahr hinreichend mit Getreide versehen sollten[3]. Auch Kurfürst August verordnete am 7. März 1564 unter Hinweis auf die momentane Wohlfeilheit des Getreides, daß 10 000 Scheffel Getreide auf einigen Böden und in den Häusern aufgeschüttet würden[4]. Doch nicht allein die einzelnen Bürger wurden zum Vorrathhalten verpflichtet, sondern auch der Rath, sowie die Innungen je nach ihrer Bedeutung und der Anzahl der Meister. In der oben angeführten Getreideordnung von Kurfürst August von 1574 wurde bestimmt, daß der Rath jährlich ungefähr 3000 oder 4000 Scheffel Korn und Weizen im Vorrath für die Stadt halte. Es wird ausdrücklich hervorgehoben, daß dieser Vorrath nur allein für die Stadt da sein soll, damit, wenn Noth auf dem freien Markte wäre, man diesen Vorrath einzeln verkaufen könne. Gleichzeitig wurde dem Rathe strengstens untersagt, selbst mit Getreide zu handeln, indem er solches kaufe und wieder verkaufe.

Als am 10. März 1588 Kurfürst Christian dem Rathe „vorstehender Kriegsgefahr halben“ den Befehl, 4000 Scheffel Korn im Vorrath zu halten, wiederholte, wurde gleichzeitig vom Rathe verlangt, daß er angeben möge, was er für Räumlichkeiten zum Aufschütten habe und was diese fassen könnten. Damit war es im alten Dresden aber schlecht bestellt. 1588 hatte Dresden 782 Häuser, die Vorstädte, sowie Altendresden 750 Häuser, demnach zusammen 1532 Häuser mit etwa 11 500 Einwohnern[5]. Es wurden Bau- und Werkleute beauftragt, die Böden der Kirchen zu besichtigen; sie stellten folgendes Verzeichniß auf: Es können aufgeschüttet werden 2000 Scheffel auf des Raths Mälzhaus, 3000 Scheffel auf dem Gewandhaus- und dem Gotteskastenboden (1000 Scheffel), 1000 Scheffel auf der Pfarre zum heiligen Kreuz. Die Viertelsmeister reichten je ein Verzeichniß ein, wonach in den Bürgerhäusern Raum für 10 300 Scheffel war, so daß mit den Rathsgebäuden und Kirchen zusammen 16 300 Scheffel Getreide gelagert werden konnten[6]. Ursprünglich war das Halten von Vorrath nach Quantität folgendermaßen vertheilt. Es sollten aufschütten 2000 Scheffel der Rath, 1400 die Bäcker, 1300 die Schiffhändler, 500 die Vorsteher des gemeinen Kastens, 300 die Tuchmacher, 100 die Fleischer,


  1. C. XXXII. 90 c.
  2. Im Jahre 1682 beschweren sich sämmtliche schifffahrende Getreidehändler, daß die böhmischen Bauern sich über die 3 gewöhnlichen Sonnenscheine in Dresden aufhielten, wodurch ihrem Handel großer Abbruch geschehe (C. XXXI. 5). – Eine Beschwerde der Dresdner Getreidehändler vom Jahre 1716, daß die Fremden die 3 Sonnenscheine lang nicht feil hielten, sondern an den Dörfern anlegten und verkauften. (C. XXXI. 20).
  3. C. XXXII. 90 c. Bl. 7.
  4. C. XXXII. 90 c.
  5. O. Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden, Bd. I S. 194.
  6. C. XXXII. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/221&oldid=- (Version vom 16.8.2024)