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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/240

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Der Prinz Georg meint, ich solle einen großen Carton [nach Meiningen zu einer Ausstellung] schicken, wünscht aber auch, daß ich selbst komme. Ich beschäftige mich heute ausschließlich mit meiner Zeichnung „Christi Versuchung“ und bringe sie am Nachmittag zu Stande ...

8) Montag ... Nach Tisch sehe ich die gestern fertig gewordene Aufzeichnung noch einmal durch und überbringe sie Steinbrecher zum Schnitt ...

9) Dienstag ... Nachmittag zeichne ich an der Aufzeichnung „Christi Darstellung im Tempel“ ...

11) Donnerstag. Die Mappe mit den Nibelungenzeichnungen für die Meininger Ausstellung wird ... zur Post gebracht. Den 28 Nibelungenzeichnungen lege ich noch die Schlacht von Ikonium bei, so daß im Ganzen 29 Zeichnungen nach Meiningen abgehen. Atelier. Hemken malt Roquette’s Porträt ... Gegen Abend besucht mich Wigand. Er fragt mich, ob ich schon von G. Kühn, dem Neuruppiner Wegelagerer, wegen Ehrverletzung verklagt worden sei. Das ist nicht der Fall und wird wohl auch kaum geschehen. Wigand theilt mir mit, daß die nachgedruckten Blätter bereits mit Beschlag belegt worden sind und daß er ohne Frage zu einer Geldstrafe verurtheilt werden würde, deren Betrag Wigand einer Wohlthätigkeitsanstalt in Neuruppin zuwenden will ... Abends wird das Haus voll. Außer den Unsern ... stellen sich Roquette, Fr. Preller Sohn, Hemken und Alb. von Zahn ein. Roquette liest die Novelle „Bei Tische“, die umgearbeiteten „Ritter vom Fleisch“. Wir gehen spät aus einander.

12) Freitag ... Nachmittag 4 Uhr Museum. Wie gestern verabredet, machen wir heute einen Anfang mit der Aufstellung der Steinla’schen Bilder. Schirmer meinte gestern, man sollte gründlich zu Werke gehen und eine Abtheilung ganz ausräumen und dann nur Zusammengehöriges hineinbringen. Heute ist er derjenige, welcher das vorschlägt, was ich gestern als meine Ansicht aufgestellt habe, nämlich die alten früher vorhandenen Sachen zu lassen, nur das Fremdartige zu entfernen und durch die neuen Bilder zu ergänzen, namentlich die Plätze zu benutzen, welche in der Abtheilung 2 durch die Entfernung der Evangelisten von Guercino, für welche ich die Plätze neben der großen Thüre in der Abtheilung 5 angewiesen, gewonnen würden. Wir haben eben nicht genug alte Bilder, um eine ganze Abtheilung mit ihnen füllen zu können und wollen sie auch nicht zu hoch hängen. Auf dem Papier nehmen sich die Prinzipien sehr gut aus, bei der Ausführung und den Thatsachen gegenüber wird man aber zuweilen von den Theorien und Prinzipien abgedrängt. Mit Schirmer komme ich aber immer gut aus. Er ist ein aufrichtiger und im Grunde seines Herzens bescheidener Mensch, voll richtigen Gefühls und guter Einsicht ...

13) Samstag. Ich begebe mich nach 9 Uhr in das Museum, um zu sehen, wie weit die Aufstellung der Steinla’schen Bilder in den Abtheilungen der Italiener gediehen ist. Es ist schon alles in Ordnung und läßt mir nichts zu wünschen übrig. Die störenden fremden Theile sind meistentheils entfernt und die alten Sachen reihen sich nun gut an einander. Eine genauere Zusammenhaltung der Schulen und gelehrte Aufstellung halte ich nicht für ausführbar. Wir haben immer noch viel zu wenig. Es bleibt uns nun noch die Aufstellung der andern, nicht-italienischen Bilder übrig.

14) Sonntag. Die Welt, die gestern untergehen sollte, steht noch immer. Aber kalt ist’s ...

15) Montag ... Museum. Steinla’s Bilder machen mir in unserer Galerie noch viel mehr Freude als in Steinla’s Wohnung ...

16) Dienstag ... Im Kupferstichkabinet finde ich eine Jugendarbeit von mir, welche dem Hofschauspieler Böhme gehört und wegen welcher er einen Ausspruch von mir wünscht. Es ist eine Zeichnung in Kreide, stellt Apollo mit dem sterbenden Hyazinth vor, und erinnere mich sie wirklich gemacht zu haben. – Nach Tisch besucht mich der Bischof Forwerk, um wegen der Kirche mit mir zu reden. Die Arbeit ist in gutem Gang ...

17) Mittwoch. Korrektur in der Akademie, dann ein Besuch in der Neustädter katholischen Kirche. Schönherr ist noch nicht da. Christus und die Engelgruppe auf der linken Seite sind untertuscht. Alles ist am rechten Platz und die Größenverhältnisse stimmen gut mit dem Raume. Gonne hatte gewünscht, daß ich die Köpfe für sein Bild[1] im Großen etwas genauer zeichnen möchte, und hat mir zu dem Behuf Durchzeichnungen übergeben. Heute nehme ich nun den Johanneskopf vor und bringe ihn dann in das Atelier ...

18) Donnerstag. Brief an Wigand als Antwort auf den gestern von ihm empfangenen. Er hatte Auskunft gewünscht über eine Zeichnung von mir, welche das Leipziger Museum besitzt. Die Zeichnung stammt aus meiner frühen Jugend und, wenn ich mich recht erinnere, stellt sie eine Szene aus „Sigurd der Schlangentödter“[2]) vor. Um 11 Uhr besichtige ich mit dem Herrn Minister eine Schloßkapelle, in welcher viele Bilder außer dem Altarbild sich befinden. Das Altarbild


  1. S. oben 26. Oktober 1856.
  2. Von de la Motte Fouqué. Es handelt sich vermuthlich um dieselbe Sepiazeichnung aus dem Jahre 1813, die sich auch noch im Katalog der 1894 zu Frankfurt a. M. veranstalteten Ausstellung von Werken Schnorrs (Seite 3) als Darstellung einer Szene aus „einem unbekannten Drama“ bezeichnet findet.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/240&oldid=- (Version vom 17.8.2024)