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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/266

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Die Reise wird, wie schon bemerkt, angetreten am 28. Mai 1661, und zwar wird sie unternommen zu Wasser in Gesellschaft eines gewissen Daniel Zentner, Kammerdiener der Kurfürstin, der ebenfalls nach Paris reisen soll. In Torgau schließen sich noch zwei Herren an, die aber nur bis Hamburg mitreisen. In Magdeburg nimmt man kurzen Aufenthalt, um den Dom zu besichtigen. Das einzige bemerkenswerthe Abenteuer erleben die Reisenden in Schnackenburg, wo sie sich unter die Bauern mischen, die anläßlich des Pfingstfestes dem Tanze huldigen. Auf deren Bitte tanzen sie mit ihren Frauen und Töchtern, dehnen aber die Sache zu lange aus, weshalb sie beinahe Schläge bekommen hätten. Am 7. Juni, also nach zehntägiger Wasserfahrt, gelangen sie nach Hamburg und schiffen sich am 10. nach Rouen ein. Das Schiff hieß „Der weiße Reuter“ und war 43 Schritt lang und 12 Schritt breit, also wesentlich kleiner, als unsere heutigen Lloyddampfer. Es war mit Hafer beladen. Wegen Windstille müssen sie auf der Unterelbe vier Tage lang still liegen und erst am 17. Juni erreichen sie die hohe See, wo unseren Helden sofort die Seekrankheit befällt und nicht eher wieder losläßt, bis sie den französischen Hafen erreicht haben. Auch andere Fährlichkeiten blieben nicht aus: einmal erhob sich ein Sturm, bei welchem das Schiff beinahe mit einem anderen zusammengestoßen wäre; ein ander mal kam ein Schiff in Sicht, welches nach der Ansicht eines erfahrenen Schiffsknechts einem Seeräuber ähnlich sah, worauf die Passagiere all ihr Geld und sonstige Kostbarkeiten dem Schiffer übergaben, der sie zusammen mit seiner eigenen Baarschaft in den Hafer bis auf den Grund versteckte. Sie blieben jedoch unangefochten.

Am 22. Juni gelangt das Schiff nach Havre, wo man ans Land geht. Hier kann auch Griebe, der während der ganzen Seekrankheit nichts gegessen hat, das erste Mal eine Kollation zu sich nehmen, die ihm recht wohl bekommt. Am 23. Juni sticht man wieder in See und landet am 29. in Rouen, womit die Seefahrt glücklich zu Ende ist.

Die Weiterreise nach Paris wird am 2. Juli in einer Miethkutsche angetreten und hat einen schnelleren Verlauf, denn schon am nächsten Tage Abends kommt man in Paris an. Vorher, in Argenteuil, haben die Reisenden noch die Freude, den Bruder des Leibschneiders der Kurfürstin anzutreffen, mit Namen Bürckner, der sich dort niedergelassen und verheirathet hatte; mit ihm trinken die Reisenden auf gute deutsche Art auf die Gesundheit der zu Hause zurückgelassenen Lieben.

In Paris logiren sich die beiden Reisenden bei einer Madame Bonnet ein, bei welcher Zentner schon früher gewohnt hat, später bei dem Königlichen Kammerdiener Henri. Die Zeit wird zunächst größtentheils mit Nichtsthun und Flanieren verbracht, wobei sich aber Griebe sehr hüten muß, seinen Begleiter zu verlieren, da er der französischen Sprache nicht mächtig ist. Man besieht wohl einige Schlösser, später aber wird Griebe unwohl und endlich erkrankt er sogar an einem gefährlichen hitzigen Fieber. Während er noch krank liegt, kehrt Zentner nach Deutschland zurück und Griebe ist sich selbst überlassen. Nicht sehr angenehm mag es ihn berührt haben, daß auch der Sohn seines Wirthes, ein lüderlicher Mensch, sich durch Ausschweifungen eine Krankheit zuzog und in demselben Zimmer wie Griebe darniederlag, auch am 29. August in diesem selben Zimmer verstarb. Er wurde auf dem Kirchhofe St. Innocent beerdigt, wo die Leichen binnen 24 Stunden verwesen. Erst am 12. September ist Griebe soweit hergestellt, daß er sich in einer Chaise in die Tuilerien tragen lassen kann. Das Fieber hatte 27 Tage gedauert, während seiner Krankheit war ihm 12 Mal zur Ader gelassen worden, er hatte nichts weiter genossen als Bouillon und Wasser dazu getrunken. Arzt und Apotheke kosteten 135 Thaler, was jedenfalls einen argen Riß in die Reisekasse machte.

Nach seiner Genesung nimmt Griebe einen Sprachmeister an, dem er monatlich eine Pistole oder 4 Thaler geben muß. Nun besieht er auch sehenswerthe Gebäude, das Rathhaus, Schlösser, Kirchen u. s. w., ebenso verschiedene Schlösser der näheren Umgebung. Auch hat er das Glück, daß in dieser Zeit, am 22. September, anläßlich der Geburt eines Prinzen große Feierlichkeiten und Volksbelustigungen stattfinden mit Illumination, Feuerwerk, Laufenlassen von Wein aus Brunnen, der allerdings nur Wenigen zu Gute kommt, die das Geschick und die nöthige Rücksichtslosigkeit haben, sich heranzudrängen.

Der Winter vergeht in ziemlicher Ruhe. Erwähnen möchte ich nur die Erzählung von einem Duell, welches im Januar 1662 vor sich geht und wobei vier Edelleute gegen vier andere fechten. Den Anlaß gab eine Kleinigkeit: es hatte ein Kavalier dem anderen aus Versehen an den Kopf gestoßen; die Folgen waren aber bedeutend, denn in dem Duell fielen zwei der Kämpfer und die anderen mußten entweichen, weil damals das Duelliren mit dem Galgen oder doch mindestens mit der Galeere bedroht war und der König hierauf so streng hielt, daß er einem Vater, der für seinen Sohn um Gnade bat für Uebertretung des Duellverbotes, erwiderte, er könnte in seiner Gnade nicht weiter gehen, als dem Sohne den Kopf abschlagen zu lassen, statt ihn an den Galgen zu hängen.

Im Februar vollzieht sich in dem bisherigen ziemlich eintönigen Leben ein angenehmer Wechsel: es erscheinen nämlich in Paris die beiden Söhne des sächsischen

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/266&oldid=- (Version vom 29.7.2024)