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Das Schöne ist in der That ganz und gar relativ: denn es wird unwiderruflich bestimmt von dem jeweiligen intellektuellen und leiblichen Zustand des Menschengeschlechts.

Uns erscheinen die medicäische und die milonische Venus, jede in ihrer Art, als die verkörperten Ideale menschlicher Schönheit, weil diese Meisterwerke den Typus des gegenwärtigen Entwickelungsstadiums am vollendetsten wiederspiegeln.

Hat aber Darwin Recht mit seiner Lehre von dem rastlos umgestaltenden Einfluß der Anpassung, so wird dereinst in fernen Jahrtausenden auch der Typus der Menschheit eine Wandlung erleiden, wie er sie in unzähligen Abstufungen erlitten hat seit jener nebelgrauen Vergangenheit, die den hochmögenden Herrn der Schöpfung langsam und stetig aus dem ersten unscheinbaren Protoplasma heranentwickelt hat.

Wir können uns die Resultate dieser fortschreitenden Umbildung nicht wohl denken, ohne sie häßlich zu finden, denn sie stehen eben im Widerspruch mit dem gegenwärtigen Typus der Gattung, und Alles, was diesem Typus nicht adäquat ist, verletzt unser Schönheitsgefühl. Sei es nun, daß der Mensch der Zukunft eine weitere Verkürzung der Extremitäten erleidet, wie diese nachweisbar vorliegt bei der Entwicklung der niederen Menschheitsform in die höhere; sei es, daß die immer wachsende Anspannung und Uebung der Intelligenz größere Gehirnmassen und demgemäß größere Schädelräume zu Stande bringt –: immer wird uns die sinnliche Vorstellung einer solchen Modifikation widerwärtig oder komisch berühren, denn wir stecken mit der Gesatmmtheit unserer Instinkte in jener Befangenheit, die nur

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Ernst Eckstein: Dudler und Dulder. Leipzig, 1893, Seite Seite: Dudler und Dulder 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dudler_und_Dulder_36.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)