Seite:Elektrische und Optische Erscheinungen (Lorentz) 122.jpg

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gelingt das mittelst einer Hypothese, welche ich schon vor einiger Zeit ausgesprochen habe[1], und zu der, wie ich später erfahren, auch Hr. Fitzgerald[2] gelangt ist. Worin dieselbe besteht, soll der nächste § zeigen.

§ 90. Zur Vereinfachung wollen wir annehmen, dass man mit einem Instrumente wie dem bei den ersten Versuchen benutzten arbeite, und dass bei der einen Hauptlage der Arm P genau in die Richtung der Erdbewegung falle. Es sei die Geschwindigkeit dieser Bewegung, und L die Länge jedes Armes, mithin 2L der Weg der Lichtstrahlen. Nach der Theorie[3] bewirkt dann die Translation, dass die Zeit, in der das eine Lichtbündel an P entlang hin und zurück geht, um

länger ist als die Zeit, in der das andere Bündel seinen Weg vollendet. Eben diese Differenz würde auch bestehen, wenn, ohne dass die Translation einen Einfluss hätte, der Arm P um

länger wäre als der Arm Q. Aehnliches gilt von der zweiten Hauptlage.

Wir sehen also, dass die von der Theorie erwarteten Phasendifferenzen auch dadurch entstehen könnten, dass bei der Rotation des Apparates bald der eine, bald der andere Arm die grössere Länge hätte. Daraus folgt, dass dieselben durch


  1. Lorentz. Zittingsverslagen der Akad. v. Wet. te Amsterdam, 1892—93, p. 74.
  2. Wie Hr. Fitzgerald mir freundlichst mittheilte, hat er seine Hypothese schon seit längerer Zeit in seinen Vorlesungen behandelt. In der Literatur habe ich dieselbe nur bei Hrn. Lodge, in der Abhandlung „Aberration problems“ (London Phil. Trans, Vol. 184, A, p. 727, 1893) erwähnt gefunden.
    Ich erlaube mir, hier noch hinzuzufügen, dass diese Abhandlung, ausser manchen theoretischen Betrachtungen, die Beschreibung sehr interessanter Experimente enthält, bei welchen zwei senkrecht auf derselben Axe befestigte Stahlscheiben (Durchmesser 1 Yard) mit grosser Geschwindigkeit rotirt wurden. Mittelst eines gewissen Interferenzverfahrens wurde untersucht, ob der zwischen den Scheiben befindliche Aether mitrotire; das Resultat war negativ, obgleich die Zahl der Umdrehungen in der Secunde auf 20 oder mehr gesteigert wurde. Hr. Lodge schliesst, dass die Scheiben dem Aether nicht den 800sten Theil ihrer Geschwindigkeit mitgetheilt haben.
  3. Vgl. Lorentz, Arch. néerl., T. 21, pp. 168—176, 1887.