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Mein stilles Lied
(Meiner lieben Malerin Alice Trübner)

Mein Herz ist eine traurige Zeit,
Die tonlos tickt.

Meine Mutter hatte goldene Flügel,
Die keine Welt fanden.

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Horcht, mich sucht meine Mutter,

Lichte sind ihre Finger und ihre Füße wandernde Träume.

Und süße Wetter mit blauen Wehen
Wärmen meine Schlummer

Immer in den Nächten,

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Deren Tage meiner Mutter Krone tragen.


Und ich trinke aus dem Monde stillen Wein,
Wenn die Nacht einsam kommt.

Meine Lieder trugen des Sommers Bläue
Und kehrten düster heim.

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– Ihr verhöhntet meine Lippe

Und redet mit ihr. –

Doch ich griff nach euren Händen,
Denn meine Liebe ist ein Kind und wollte spielen.

Empfohlene Zitierweise:
Else Lasker-Schüler: Gesammelte Gedichte. Verlag der Weißen Bücher, Leipzig 1917, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Else_Lasker_Schueler_Die_gesammelten_Gedichte_1917.pdf/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)