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Vergänglich ist nur, was nie 
volle Wirklichkeit gehabt hat. 
Ernst Curtius. 27. Januar 1889.

 Am ersten Geburtstage, den Wilhelm II. als deutscher Kaiser und König von Preußen erlebte, hat der treue Lehrer und Erzieher seines Vaters, der ihm mehr gewesen war als dem Alexander von Makedonien sein Aristoteles, den Segen einer durch Jahrhunderte festgefügten Monarchie gepriesen, weil sie die Bürgschaft gebe, daß auch bei dem zähesten und tiefstgreifenden Wechsel der Dinge ein Bruch mit der Vergangenheit ganz unmöglich sei. Hineingestellt in eine klar bewahrte Tradition, die nicht veralten kann, weil sie an den jeweiligen Pflegern sich verjüngt, und andererseits wehrt, daß das Neue, das Unerprobte und Unbewährte rein um des Reizes der Neuheit willen sich eindränge, trägt der Monarch, dem die Geschichte des Volks an den einzelnen Persönlichkeiten sich orientiert, die Pflicht in sich, das Ererbte zu erleben und das Erlebte von sich zu lösen und als statutarisches Erbe dem Nächsten zu überkommen, lernt er an den Niederlagen der Väter die Kunst, zu siegen und den Sieg zu nützen, und aus den Siegen, wie leicht sich in Niederlagen wandelt, was nicht nach der Schlacht den Harnisch fester anlegen heißt. Der Monarch lernt es in sich verkörpern, was als unfaßbare Idee, jedem nahe und keinem ganz durchsichtig, das Volk beherrscht und die Zeit bestimmt und wie durch ein göttliches Geheimnis, eine Theopneustie, die von oben gewirkt, weil von den Umständen drängend erfordert wird, dem

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Hermann von Bezzel: Erinnerungen aus Berufsreisen an die Front. Krüger & Co., Leipzig 1917, Seite (3). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erinnerungen_aus_Berufsreisen_an_die_Front_03.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)