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II. Frotho. 57


 auf die Fahrt gemacht und fuhr in vielfach verschlungener Zickzacklinie in auffallender Weise bald vorwärts, bald rückwärts. Da erinnerte sie den Bruder an die ihr einst von ihm gewährte freie Hand und schloss die Bitte an, er möge sie, die er bei seinem Weggange zu dem russischen Kriege mit der Freiheit, nach eigner Wahl sich zu verheiraten, beschenkt habe, sich des gewählten Gemahls erfreuen lassen und nach geschehener That gelten lassen, was er selbst vorher zugestanden habe. Durch diese begründete Bitte bewogen schloss Frotho mit Regner Frieden und verzieh um ihres Gesuches willen die Unbill, die ihm nach seiner Ansicht durch die kecke Anmassung der Schwester angethan war. Er wurde von beiden mit Mannschaft, so viel er durch sie verloren hatte, beschenkt und freute sich, dass der schimpfliche Verlust durch herrliche Gabe ausgeglichen war.

Als er den Boden von Dänemark betreten, wurde Ubbo gefangen und vor ihn geführt; er verzieh ihm aber und wollte dem Übelthäter lieber Gnade als Strafe zu teil werden lassen; denn er habe, so meinte er, nach der Herrschaft nicht nach eigenem Entschlusse gestrebt, sondern nur auf Antrieb der Frau; der böse Plan sei nicht in seinem Hirne entsprungen, sondern von einer andern ihm eingegeben. Die Ulwild nahm er ihm und gab sie seinem Freunde Skottus, der der Stammvater des Schottischen Volkes geworden ist; den Wechsel der Ehe betrachtete er als eine Strafe. Beim Abschiede geleitete er sie mit königlichen Wagen und vergalt die Unbill mit Wohlthat. Er zog an der Schwester die Abstammung, nicht den bösen Sinn in Betracht und liess sich mehr leiten durch die Rücksicht auf seinen eignen Ruf, als auf ihre Schlechtigkeit. Jedoch des Bruders Wohlthaten vermochten sie nicht dazu zu bringen, von ihrem alten halsstarrigen Hasse abzulassen, sondern sie quälte unablässig ihren neuen Gemahl mit der Aufforderung, Frotho zu erschlagen und selbst in Dänemark König zu werden. Denn nur zögernd pflegt des Menschen Sinn loszulassen, was er mit fester Liebe erfasst hat, und nicht lässt ihn mit einem Male der böse Sinn, den er in den Jahren der Jugend angenommen hat. Denn

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_067.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)