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62 Zweites Buch.


sollten sie nicht nur dieses, sondern auch was sie von ihrem Gelde noch hätten, wegwerfen. Was könne es denn nützen, etwas aufzunehmen, was sie sofort wieder hergeben müssten? Nein! wenn sie es über sich gewännen, sich nicht vor dem Gelde niederzuwerfen, so würden sie zweifellos den Feind niederwerfen. Sie müssten also aufrecht dastehen in tapferem Mute, nicht gebückt von Leidenschaft; der Sinn dürfe sich nicht niederneigen zur Habgier, sondern er müsse sich hoch richten nach dem Ruhme; mit den Waffen müssten sie kämpfen, nicht mit dem Golde.

Als der König endete, sprach ein britischer Lehnsmann, indem er allen seinen mit Gold beladenen Rockschoss hinhielt: „Deine Rede lässt schliessen auf zweierlei Eindrücke, die die Lage auf Dich macht; der eine beweist Deine Furcht, [49] 49der andere Deinen hämischen Sinn; denn wegen des Feindes willst Du uns verbieten die Schätze aufzunehmen, und dann willst Du uns lieber arm als reich in Deinem Heere sehen. Was ist hässlicher, als solcher Wille? Was ist thörichter, als solches Geheiss? Wir erkennen hier unsere eigenen Schätze, und sollen uns bedenken sie aufzuheben? Was wir auszogen mit den Waffen wiederzuholen, was wir mit Blut wiederzugewinnen entschlossen waren, das sollen wir nun, da es ohne Kampf uns zurückgestellt ist, von uns weisen? Wir sollen uns bedenken, unser Eigentum an uns zu nehmen? Wer ist feiger: wer Erbeutetes hinstreut, oder wer sich fürchtet Hingestreutes aufzulesen? Sieh! Was Zwang uns genommen, das giebt uns ein Glücksfall zurück. Das ist nicht Beute von Feinden, sondern von uns selbst, nicht hergeschleppt hat der Däne das Gold nach Britannien[WS 1], sondern weggeschleppt. Was wir ungern, bezwungen, verloren haben, das sollen wir meiden, wenn es ohne unser Zuthun zurückkommt? Sünde ist es, ein solches Geschenk des Glücks verächtlich zurückzuweisen. Was ist wahnwitziger, als Schätze zu verschmähen, wenn sie offen daliegen, und sie zu suchen, wenn sie verschlossen und gehütet sind? Abwenden sollen wir uns von dem, was vor unsern Augen steht, um Jagd zu machen auf Weichendes? Was vor uns liegt, sollen wir lassen, um weit

  1. Vorlage: Bitannien
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_072.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)