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130 Viertes Buch.


starr, dass ihn das Mitleid mit meinem Leiden nicht erweicht, das Erbarmen mit meiner Mühsal nicht rührt? Erbarmet Euch Eures Zöglings, lasst Euch rühren durch mein Unglück, Ihr, deren Hände schuldlos sind an der Ermordung des Horwendill. Erbarmet Euch auch meiner schwergetroffenen Mutter, freuet Euch mit mir über die Austilgung der Schande derer, die einst Eure Königin war, die den Bruder und Mörder ihres Gemahls ans Herz nehmen und als schwaches Weib die doppelte Last der Schmach tragen musste. Um mein Streben nach Rache zu verheimlichen, meinen Sinn zu verbergen, habe ich mir den falschen Schein der Thorheit angenommen; das Kleid der Narrheit zog ich an, einen weisen Plan wob ich; ob er wirksam gewesen, ob er die Erfüllung seines Zweckes erreicht hat, das liegt vor Euren Augen; mir genügt es, Euch zu Richtern der That zu haben. Tretet die Asche des Mörders mit Füssen! schmäht die Überreste dessen, der des ermordeten Bruders Gemahlin befleckte, mit Sünde entehrte, der den Herrn schlug, an der königlichen Hoheit in sündhaftem Verrate sich vergriff, über Euch die schärfste Gewaltherrschaft brachte, Euch die Freiheit nahm, auf den Mord noch die Blutschande häufte. Mich, den Diener gerechter Rache, den Kämpfer für fromme Ahndung stützt mit edelem Sinne, gewährt mir die verdiente Ehre, Euer gütiger Blick schenke mir neues Leben. Ich habe die Schmach des Landes ausgelöscht, die Schande der Mutter getilgt, die Gewaltherrschaft gebrochen, den Mörder überwältigt, die ränkevolle Hand des Oheims mit gleichen Ränken geäfft; wenn er noch lebte, würden seine Schandthaten von Tag zu Tag mehr werden. Mich schmerzte des Vaters, mich schmerzte auch des Vaterlandes Kränkung; den habe ich vom Erdboden getilgt, dessen Herrschaft streng und für Männer schmachvoll war. Erwägt mein Verdienst, achtet meine Klugheit, gebt mir die Herrschaft, wenn ich sie verdient habe: in mir habt ihr den Spender einer grossen Wohlthat, einen Erben der väterlichen Macht, der nicht aus der Art geschlagen ist, nicht einen Mörder, sondern den gesetzmässigen Nachfolger im Reiche und den frommen Rächer

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_140.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)