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258 Sechstes Buch.


„Hüte die Finger“, so spricht sie, „ich bitte, und dämpfe die Gluten,

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Denke darauf, zu beschwichtgen den Alten dort hart an der Thüre.

Lustiger Scherz wird gewandelt zu Schmerz; dort, glaube mir, sitzet
Starkather, langsamen Blicks überwacht er, was immer Du vornimmst.“
Aber der Schmied: „Nicht zage Dein Blick vor dem kraftlosen Raben,
Nicht vor dem Alten in Lumpen; noch nie barg jener Gewaltge,

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Der Dich erschreckt, seinen Leib zur Schmach in gemeine Gewandung,

Nie, denn ein tapferes Herz erfreuet ein glänzender Mantel,
Herrlicher Sinn heischt herrliches Kleid.“ Ab warf ich die Hülle,
Zückte das Schwert; in den Arsch, als zur eiligen Flucht er sich wandte,
Traf ich den Schuft; auf klaffte das Fleisch und, vom Knochen geschnitten,
Legt es das Innere bloss. Auf sprang ich sodann, und dem Mädchen
[193] 193Schlug ich die Faust ins Gesicht; alsbald aus zerschundener Nase
Strömte das Blut; nun nässten die Lippen, die böses Gelächter
Immer nur kannten, die Thränen mit Blute gemenget, es büsste
Thörichte Liebe, was einst sie mit schmachtendem Auge gesündigt.

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Aus war es nun, das Getändel der Armen, die blind vor Begierde

Stürmt wie die rasende Stute und Schönheit begräbt in der Wollust.
Ha! Du verdienst, dass um Geld man verkauft Dich ins Ausland, als Sklavin
Solltest Du drehen die Mühle; doch zeuget, dass falsch Du beschuldigt,
Blut aus den Zitzen gepresst, und es reinigt die milchlose Brust Dich

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Jetzt noch von dieser Verschuldung. Nun wohl, ich erachte Dich

schuldlos,
Spreche Dich frei des Vergehns; doch hüte Dich wohl, des Verdachtes
Ferner zu bieten ein Mal, zu verfallen den lästernden Zungen,
Preis Dich zu geben dem nagenden Zahn des geschwätzigen Volkes.
Viele versehrt das Gerücht, und es schadet die böse Verleumdung;

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Lenkt doch die Meinung des Volkes zu unrecht ein einziges Wörtlein.

Ehre die Ahnen, halt hoch Deine Väter, gedenke der Eltern,
Schätze die Vorfahren recht und bewahre die Ehre dem Namen.
Sag’, wie befiel Dich der Wahnwitz? und welch unselig Verhängnis
Trieb Dich, schurkischer Schmied! einen edelen Spross zu begehren?

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Oder hat irgend ein Mensch zu der niederen Liebe verführet

Dich, der ein fürstliches Lager gebührt? Wie konntest Du, sag’ doch,
Küssen mit rosigen Lippen den Mund, der da duftet nach Asche?
Wie doch die Hand, die von Kohlen geschwärzt, an dem Busen Dir dulden?
Wie doch umfassen Dich lassen von Armen, die Feuerbrand wenden,

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Nahen noch lassen die Hand, die die Zange in ewiger Arbeit

Deckte mit Schwielen, den rosigen Wangen? das Haupt dann umfassen
Und in den strahlenden Armen verbergen, das Asche beschmutzte?
Freilich, dass einerlei Art nicht die Schmiede, das hab’ ich gelernet,
Als sie mich klopften dereinst. Ein Name begreifet sie alle,

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_268.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2022)