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264 Sechstes Buch.


eines Menschen niederen Standes annehmen und bestand deshalb darauf, erst seine Beschäftigung und seine Herkunft zu erfahren. Als er hörte, dass er die Stellung eines Büttels[1] einnehme, da begnügte er sich nicht damit, ihn abzuweisen, sondern er schalt ihn tüchtig aus, weil er, aller Ehrbarkeit bloss, die Dienste eines Schergen übernommen und sein ganzes Leben mit schandbarem Rufe für immer bedeckt habe, die Einbusse der Armen für Gewinn hielte, niemand ungeschoren lasse, immer bereit, gegen alle eine ungerechte Anklage zu erheben, dann am frohesten, wenn andere etwas trauriges getroffen habe, während er mit seinem Dichten und Trachten darin sich abarbeite, aller Menschen Thun mit der Kunst hinterlistiger Nachforschung aufzuspüren und schuldlose Sitten mit gesuchter Gelegenheit zum schädigen zu umstricken. Als der wegging, kam ein anderer, der ihm Hilfe und Heilung versprach; als der, wie der erste, aufgefordert wurde, seinen Stand anzugeben, [198] 198da sagte er, er habe die Hörige eines gewissen Jemand zur Frau, und um sie frei zu machen, arbeite er für ihren Herrn auf dem Felde. Da sagte Starkather, er wolle seine Hilfe deshalb nicht haben, weil er in schmachvoller Ehe die Umarmungen einer Unfreien gesucht habe. Wenn er nur noch einen Funken von Ehrgefühl besitze, so solle er den vertrauten Umgang mit der Hörigen eines andern mit Abscheu von sich werfen und eine Freie zur Lagergenossin nehmen. Wie gewaltig muss doch die Seelengrösse dieses Mannes gewesen sein, der in den schlimmsten Gefahren für das Leben stehend so gross sich zeigte in der Zurückweisung der Hilfe, wie er sich gezeigt hatte in der Hinnahme von Wunden! Als jener abging, kam eine Frau zufällig an dem Alten vorüber. Als diese näher trat, um ihm seine Wunden zu waschen, da verlangte er erst zu wissen, welches Standes und welcher Stellung sie sei; sie erwiderte, sie sei eine Magd und arbeite an der Mühle. Weiter fragte Starkather, ob sie Kinder habe, und als erfuhr, dass sie eine kleine Tochter habe, hiess er sie nach Hause gehen und ihrem wimmernden Kinde die

  1. So übersetzt Möllenhoff (D A 5325) praeco; gegen Olriks Übersetzung, Königsvogt’ (T.[B 1] f. F. 1901,179) sprechen doch wohl Starkads ungemein heftige Ausfälle.

  1. Siehe Berichtigungen des Autors am Ende des Buches.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_274.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)