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322 Siebentes Buch.


Inzwischen legte Guritha, die Tochter des Alfus, die Gelübde ewiger Keuschheit ab, weil sie allein von dem königlichen Stamme noch übrig war, und keiner ihr an Adel gleich stand, den sie hätte heiraten können; sie hielt es darum für geratener, ehelos zu bleiben, als einen Gemahl aus den Gemeinfreien zu nehmen. Um sich vor Unbill zu schützen, liess sie ihr Schlafgemach von einer auserlesenen Schar Fechter bewachen. Als einmal Haldan zu ihr kam, und die Kämpen, denen er in seiner Jugend einen Kameraden erschlagen hatte, zufällig nicht da waren, sagte er, sie müsse den Gürtel der Jungfräulichkeit lösen und eheliche Liebe an die Stelle der spröden Keuschheit treten lassen; sie solle nicht so dem Wunsche nach einem ehelosen Leben nachgeben, dass sie es verschmähe, das gebrochene Steuer des Reiches durch ihre Vermählung zu heilen. Er müsse also wegen seines hervorleuchtenden Adels von ihr bei einer Vermählung berücksichtigt werden, weil sie aus dem erwähnten Grunde sich doch zur Liebe würde verstehen müssen. Gurith erwiderte ihm, sie könne sich nicht dazu entschliessen, die einzige Vertreterin des königlichen Geschlechts sich mit einem Manne geringeren Standes verbinden zu lassen. [243] 243Und nicht allein, dass sie ihm seinen niederen Adel vorwarf, sie schmähte auch die Entstellung seines Gesichts. Haldan erwiderte, es werde ihm ein doppelter Makel von ihr vorgeworfen, einmal, dass er nicht vornehm genug wäre und dann, dass er den Schaden des zerspaltenen Mundes immer mit ungeschlossener Wunde sehen lasse; so werde er denn nicht eher wiederkommen, um ihre Hand zu fordern, als bis er beide Mängel durch glänzenden Waffenruhm getilgt habe. Er beschwor sie aber, sie sollte niemand ihre Lagergenossenschaft vergönnen, bevor sie durch sichere Nachricht wisse, entweder dass er zurückgekehrt, oder dass er gefallen sei. Die Kämpen, die er vor Zeiten eines Kameraden beraubt hatte, waren ärgerlich darüber, dass er mit Gurith gesprochen hatte und setzten ihm zu Ross nach. Als er das sah, hiess er sein Gefolge ein Versteck aufsuchen: er würde allein die Kämpen bestehen. Als seine Leute zögerten und es für schimpflich erklärten, seinem Gebote zu gehorchen,

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_332.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)