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420 Neuntes Buch.


der herrlichen Kraft nicht zerdrücken; er bot ihm also nicht nur das Leben an, sondern auch seine Tochter und die Hälfte des Reiches als Mitgift; er wollte ihn nicht um seiner Tapferkeit willen strafen, sondern um seiner Schönheit willen vom Tode retten. Withserk jedoch verschmähte es in seiner Geistesgrösse, sein Leben fremder Gnade zu verdanken, wies die angebotene Schonung wie eine geringfügige Wohlthat zurück und wählte aus freien Stücken den Tod, indem er erklärte, Regner würde die Blutrache für seinen Sohn weniger scharf betreiben, wenn er erführe, dass man ihm in der Art seines Todes freie Wahl gelassen habe. Der Feind staunte seine Todesverachtung an und sagte ihm zu, dass er in der Weise sterben werde, die er selbst über sich verhänge. Diese Freiheit der Wahl nahm der junge Held als eine grosse Wohlthat hin und verlangte, mit seinen Gefolgsleuten gebunden und verbrannt zu werden. Daxon erfüllte unverzüglich diese todesgierige Bitte und gewährte ihnen wie eine Wohlthat die gewünschte Todesart.

Als Regner diese Kunde empfing, wollte er vor Schmerz sterben, und nicht nur Trauer erfüllte sein Herz, sondern der grosse Kummer warf ihn aufs Krankenlager, und durch Stöhnen gab er seinen Schmerz kund. Jedoch seine Gemahlin schalt ihn mit mehr als Heldenmut wegen seiner Schwäche und richtete ihn mit mannhaftem Zuspruche auf; sie wies ihn darauf hin, sich vom Harme los zu machen und lieber rührig die Waffen in die Hand zu nehmen: ein Heldenvater werde den gewaltsamen Tod seines Sohnes richtiger mit den Waffen als mit Thränen sühnen. Auch mahnte sie ihn, nicht in weibischer Trauer durch Weinen ebenso viel Schande zu verwirken, wie er vorher durch seine Tapferkeit hellleuchtenden Ruhm erworben habe. Diese Mahnung erweckte wirklich in Regner die Furcht, dass er dem früheren Ruhme seines Heldentums durch weibische Trauer Abbruch thun könne; er warf die Betrübtheit von sich und legte die Zeichen des Schmerzes ab; der Wunsch nach schleuniger Rache rüttelte den schlafenden Heldensinn wieder auf. So werden bisweilen auch von Schwachen starke Herzen gefestigt.

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_430.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)