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428 Neuntes Buch.


der Ruhe und des Friedens. Das Glück begleitete den Wechsel seines Strebens mit Gunst: wie er niemand, so griff niemand ihn feindlich an. Als das Geschick ihn abrief, hatte er seinen noch sehr jungen Sohn Ericus wohl zum Erben seiner Gesinnung, aber nicht des Reiches und des Friedens. Nämlich Haralds Bruder Ericus sah in dem jungen Könige einen verächtlichen Gegner, brach mit Aufständischen in das Land ein und bemächtigte sich mit Gewalt des Thrones; er schämte sich nicht, durch seinen Angriff auf den jungen König eine Gewalt an sich zu reissen, auf die er kein Recht hatte; gerade damit bewies er sich als unwürdig der Regierung, dass er sie einem Wehrlosen entriss. Somit nahm er jenem das Scepter, sich aber die Geltung eines Biedermanns, und damit, dass er ein wehrloses Kind mit den Waffen anfiel, bannte er aus seiner Brust allen Mannessinn; wo ehrgeiziges Streben nach Macht brannte, da hatte Verwandtenliebe keinen Raum. Aber diese Rücksichtslosigkeit vergalt der Zorn der Götter; ein Krieg, der plötzlich zwischen ihm und Guthormus, dem Sohne des Haraldus ausbrach, endete mit einer so mörderischen Schlacht[1], dass beide mit unzähligen andern fielen; so beruhte das Königshaus in Dänemark, durch arge Mordthaten beinahe ausgerottet, nur noch auf dem einzigen Sohne des oben erwähnten Siward.

Erik hatte also durch den Verlust seiner Verwandten die Herrschaft erhalten, und da ihm somit der Tod seiner Nächsten mehr Glück brachte, als ihr Leben, so wandelte er, ohne ein anderes Vorbild zu beachten, [317] 317ganz in den Bahnen des Grossvaters: sofort warf er sich mit brennendem Eifer auf die Wikingerzüge. Und dass er doch nur nicht auch in der Abschaffung des christlichen Kultus sich als Erben des Frevelsinnes des Regner gezeigt hätte! Aber alle Gläubigen überlieferte er unausgesetzt den Martern oder nahm ihnen ihre Güter und trieb sie in die Verbannung. Jedoch ich schelte wohl mit Unrecht die erste Zeit seiner Regierung, denn ich muss ja ihre letzte loben. Löblicher ist ein Leben, dessen


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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_438.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)