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Gesinnungen seines Helden gesagt wird, nämlich: daß das Gesetz sie dulde, daß aber die Menschen sie nicht duldeten. Und die Menschen des Parketts, des Parterres und der Logen darf ein Theaterdirektor nicht erzürnen. Einer unserer erfolgreichsten Dramatiker sagte mir: „Wer heutzutage auf die Bühne kommen und sich auf der Bühne behaupten will, darf keine ernsthaften Konflikte aufgreifen.“ In der That ist unser Theaterpublikum auf einen Standpunkt gebracht worden, wo es Streit für Zank hält und eine von der Bühne herabklingende fremde Meinung als eine persönliche Beleidigung empfindet. So werden vielleicht viele dieses Stück trotz der Polizei für ein parteiliches, vielleicht gar für ein konfessionelles Tendenzdrama halten. Daß es das nicht ist, kann ich nur versichern; beweisen muß es die Dichtung selbst. Wenn sie dazu nicht die Kraft besitzt, so wird eine schöne Vorrede sie ihr sicherlich nicht verleihen können.

Hamburg, im Frühling 1895.
Otto Ernst.     


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Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite IV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)