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Scharff: Mit Vergnügen!

Weber: Worüber würden Sie sprechen?

Scharff: Über – lassen Sie mal sehen – über „die Unverfrorenheit.“

Weber (stutzt): Von – von welchem Standpunkte aus würden Sie das Thema behandeln?

Scharff: Vom fidelen Standpunkte aus.

Weber (macht ein sehr dummes Gesicht): Ich – offen gestanden – ich verstehe Sie nicht.

Scharff: Sie verstehen mich nicht?

Weber[WS 1]: Nein.

Scharff: Ach – entschuldigen Sie – jetzt fällt mir ein, was ich versäumt habe. Ich habe ganz vergessen, Ihnen zu sagen, daß ich auch „Freigeist“ bin.

Weber (springt auf und stellt sich hinter seinen Stuhl. Zögernd, mit tiefster sittlicher Entrüstung): Dann sind Sie natürlich auch – Sozialdemokrat?

Scharff (leger): Anarchist, Anarchist! Ich bin Vorsitzender des Exekutivkomitee’s für Pulverisierung des Sonnensystems. (Indem er seine Zigarrentasche präsentiert, liebenswürdig:) Dynamitrolle gefällig?

Weber: Genug, Herr – „Doktor“ – so nennen Sie sich ja wohl – Sie haben Ihren frevelhaften Spott mit den heiligsten Dingen weit genug getrieben.

Scharff (höchst vergnügt): Potztausend – sind Sie das heilige Ding?

Weber: Aber spotten Sie nur; wahrlich, es wird die Stunde kommen, da Sie bereuen mit Heulen und Zähnklappen! Ich überlasse Sie Gottes gnädiger Führung.


  1. Vorlage: Scharff
Empfohlene Zitierweise:
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/67&oldid=- (Version vom 14.6.2022)