Die kleine Gesellschaft, die sich noch im Ballsaale befand, schickte sich an, ihn zu verlassen. Sie bestand aus der Gräfin und ihrer Tochter und aus Eberstein und seinem Neffen. Dieser, ein junger Mann mit rundem Kindergesichte, treuherzigen braunen Augen, weit aus einander stehenden Zähnen und einem dünnen lichtblonden Vollbärtchen, bot nun Thekla seinen Arm, während Marianne den des Fürsten annahm.
Das junge Paar ging dem älteren voran. Schüchtern und leise, dabei jedoch höchst eifrig sprach der kleine Graf zu seiner schweigenden Gefährtin.
„Er macht ihr Vorwürfe,“ sagte der Fürst, als sie über die blumengeschmückte Treppe der Halle hinabgestiegen. „Er hat Ursache dazu; sein gutes Recht wäre gewesen, den Cotillon, den er mit ihr tanzte, auch mit ihr zu beschließen. Der arme Junge wartete so ungeduldig, daß sie ihm zurückkehre! Aber, als es endlich geschah, da wurde seine Aufforderung zur letzten Walzertour – abgelehnt. Ja, ja – abgelehnt! Majestätisch, wie sie sein kann, die junge Hexe, sprach sie: „Ich danke Ihnen – ich tanze heute nicht mehr …“
„Das hat Thekla gesagt?“ fragte die Gräfin erschrocken.
„Ja wohl!“ entgegnete Klemens fröhlich, „und mit einem Blick auf den glückstrahlenden Sonnberg, einem ernsten, huldvollen Blick; ich wollte, Sie hätten ihn gesehen! Verrathen Sie mich aber nicht!“ flüsterte er Mariannen zu.
Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/326&oldid=- (Version vom 31.7.2018)