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ist schale Spaßmacherei; und auf wessen Kosten spaßt die Gräfin? – sie macht ihren Mann lächerlich.“

„O, das besorgt er wohl selbst.“

„Wodurch?“

„– Und wenn sie es thut, geschieht es aus Nothwehr …“

„Wodurch?“ wiederholte er – „Wodurch?“ Sein Gesicht färbte sich dunkler, die Adern an seinen Schläfen schwollen an – „Lieben – geliebt werden – macht das lächerlich?“

Thekla sah mit Erstaunen, daß er zürnte. Was hat er denn? Was liegt ihm an dem armen kleinen Erlach? … er versetzt sich doch nicht an seine Stelle, vergleicht sich doch nicht mit dem? … Eine solche Möglichkeit darf von Thekla nicht angenommen werden – o – nicht einmal geahnt! Mit etwas unsicherer Stimme und mit der unschuldig altklugen Miene eines Kindes, das fremde Weisheit von seinen Lippen strömen läßt, sprach die junge Gräfin: „Ach nein, Liebe zu empfinden ist nicht lächerlich, aber es zur Schau tragen, das ist’s!“

„Wer sagt Ihnen, daß Erlach seine Liebe absichtlich zur Schau trägt? Vielleicht fehlt ihm nur die Kraft, sie zu verbergen, wie er’s sollte, dieser Frau gegenüber. Verspotten Sie ihn nicht – bedauern Sie ihn.“

„Ach!“ rief Thekla, „ich bedauere Niemand, der Gedichte macht.“

„So?“ Paul schwieg eine Weile, dann fragte er

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Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/359&oldid=- (Version vom 31.7.2018)