„Was der Teufel!“ rief der Freiherr und blieb wie versteinert stehen.
Paul half ihm herab: „Ich werde Dich doch nicht umsonst nach Wien reisen lassen,“ sagte er.
„Umsonst nach Wien? mich? – sei so gut und sag’ das Deinen Eltern –: Umsonst … O das ist wieder – o freilich … verzeih’, aber so albern reden doch nur gescheite Leute,“ rief Kamnitzky voll Entrüstung und versäumte auch diese Gelegenheit nicht, den „gescheiten Leuten“ eins anzuhängen.
Er fragte einen Diener, nicht Paul, mit dem sprach er vorläufig kein Wort mehr – wo der Herr Graf sich befinde, und wünschte angemeldet zu werden. Eine Höflichkeit, die er nie außer Acht setzte, ebensowenig als der Graf jemals versäumte, ihm darüber Vorwürfe zu machen. Aber es geht eben nichts über eine gute, altgewohnte Art das Gespräch anzuknüpfen, und so wurde denn auch heute, wie immer, der Gastfreund mit den Worten empfangen: „Sich anmelden lassen? Alter Mensch, was fällt Dir ein?“
Bei Tische war Kamnitzky lustig bis zur Ausgelassenheit, aß und trank ansehnlich, machte die schlechtesten Witze, ohne ein einziges Mal darüber zu erröthen. Seine gute Laune, und sein guter Appetit erweckten das innigste Wohlgefallen der alten Leute. In Bestürzung jedoch geriethen sie, als er nach dem Speisen begann über die Regierung zu schimpfen; sie besorgten sehr, Paul könne das übel nehmen.
Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/402&oldid=- (Version vom 31.7.2018)