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IV. Die Technik der Märchenforschung.

Um sich auf irgendeinem Arbeitsgebiet erfolgreich betätigen zu können, muss der Mensch das Arbeitsgebiet kennen; wenn er die Arbeit zum erstenmal in Angriff nimmt, ist seine erste Aufgabe, sich mit dem Arbeitsgebiet bekannt zu machen. Der Märchenforscher muss sich auch zuerst vorbereitend in das Forschungsgebiet einarbeiten. Dazu gehört zunächst das Lesen guter Märchensammlungen, wobei die Aufmerksamkeit besonders auf die Systematik der Märchen zu richten ist. Aber die aufgezeichneten und veröffentlichten Märchen sind schon von ihren eigentlichen Lebensverhältnissen getrennt. Wer mit den Märchen intimer vertraut werden will, der muss ausziehen und sie aus dem Munde des Volkes sammeln. Für den Märchenforscher ist es sehr wünschenswert, dass er selbst Märchen gesammelt hat. Und abgesehen von den Materialien muss er danach streben, sich mit der Forschung selbst bekannt zu machen, sich schon im voraus einen Begriff davon bilden, worum es sich in derselben handelt. Dazu ist die Lektüre tüchtiger Spezialforschungen nötig.

Die ausführliche Kenntnis der Märchen ist eines der allerwichtigsten Werkzeuge in den Händen des Forschers. Dies ergibt sich teils daraus, dass die Veränderungen so oft durch den Einfluss anderer Märchen verursacht werden. Je ausführlichere Kenntnisse der Forscher vom Inhalt der Märchen hat, desto leichter wird es ihm, den Ursprung der Veränderungen zu ermitteln, mit anderen Worten: desto mehr Aussichten hat er für das Gelingen seiner Arbeit. Die Kenntnis der Märchen und besonders der Märchentypen bewahrt auch den Forscher davor, Märchen mit einander zu verbinden, zwischen denen kein wirklicher Zusammenhang besteht. Dergleichen

Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Leitfaden der vergleichenden Märchenforschung. Suomalaisen Tiedeakatemian Kustantama, Hamina 1913, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FFC13.djvu/61&oldid=- (Version vom 31.7.2018)