Seite:Faust II (Goethe) 213.jpg

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     Ich vergaß des Wächters Pflichten,

     Völlig das beschworne Horn;
     Drohe nur mich zu vernichten,

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     Schönheit bändigt allen Zorn.


Helena.
Das Uebel das ich brachte darf ich nicht
Bestrafen. Wehe mir! Welch streng Geschick
Verfolgt mich, überall der Männer Busen
So zu bethören, daß sie weder sich

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Noch sonst ein Würdiges verschonten. Raubend jetzt,

Verführend, fechtend, hin und her entrückend,
Halbgötter, Helden, Götter, ja Dämonen,
Sie führten mich im Irren her und hin.
Einfach die Welt verwirrt’ ich, doppelt mehr,

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Nun dreyfach, vierfach bring’ ich Noth auf Noth.

Entferne diesen Guten, laß ihn frei;
Den Gottbethörten treffe keine Schmach.

Faust.
Erstaunt, o Königin, seh’ ich zugleich
Die sicher Treffende, hier den Getroffnen;

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Ich seh’ den Bogen, der den Pfeil entsandt,

Verwundet jenen. Pfeile folgen Pfeilen
Mich treffend. Allwärts ahn’ ich überquer
Gefiedert schwirrend sie in Burg und Raum.
Was bin ich nun? Auf einmal machst du mir

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Rebellisch die Getreusten, meine Mauern

Unsicher. Also fürcht’ ich schon, mein Heer
Gehorcht der siegend unbesiegten Frau.

Was bleibt mir übrig, als mich selbst und alles,
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Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_213.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)