Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 093.jpg

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Ssp. wörtlich folgend, hat: den andern fride; also ein Beweis mehr, wie abhängig der Swsp. von den Korruptionen desselben ist.

Dürfte demnach die Benutzung der Treuga nicht zu bezweifeln sein, so wird diese für unsern nächsten Zweck nur dann von Gewicht sein, wenn sich die Entstehungszeit derselben ermitteln lässt. Den nächsten Anhaltspunkt bietet, dass das Gesetz von einem Könige Heinrich erlassen ist, neben dem es einen Kaiser gab, da König und Kaiser in ihm erwähnt werden. Das würde zutreffen bei K. Heinrich V., 1099–1105, K. Heinrich VI., 1165–1190,, K. Heinrich VII., 1220–1235. Sachsse a. a. O. glaubt sich für den ersteren entscheiden zu sollen; Gaupp a. a. O. 105 denkt zunächst an K. Heinrich VI.; am verbreitetsten ist die Ansicht, K. Heinrich VII. sei der Urheber. Und dafür scheint mir allerdings alles zu sprechen.

1. K. Heinrich V. wurde allerdings 1099 zum Könige gekrönt, aber nach Ablegung des Versprechens, sich nicht in die Regierung einmischen zu wollen; von einer Antheilnahme an derselben bis zu seiner Erhebung ist nichts bekannt, es scheinen nicht einmal einfache Urkunden, welche er bei Lebzeiten des Vaters ausstellte, erhalten zu sein; einer Entstehung der Treuga nach seiner Erhebung aber würde die Art und Weise, wie König und Kaiser zusammengenannt werden, widersprechen. Dagegen nahm K. Heinrich VI. wenigstens seit 1185 in Italien, und seit 1188 auch in Deutschland Theil an der Regierung, während dem K. Heinrich VII. sogar von seiner Wahl bis zu seiner Entsetzung formell die Regierung in Deutschland zustand. Schon das scheint mir zu genügen, den Gedanken an K. Heinrich V. fallen zu lassen. Dagegen dürfte doch der Umstand, dass sich am Rande der einzigen bekannten, sehr späten Abschrift eine auf diesen bezügliche Bemerkung findet, das Gewicht, welches ihm Sachsse a. a. O. 95 beizulegen geneigt ist, nicht beanspruchen können.

2. Der wiederholte und ausschliessliche Gebrauch des Ausdruckes feudum macht eine Entstehung zu Anfang des zwölften Jahrhunderts wenigstens sehr unwahrscheinlich.

3. Die Umstände, dass die Treuga ausfuhrlicher ist, als das Friedensgesetz von 1156, dann dass sie in Bestimmung der

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)