Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 096.jpg

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Köln und Osnabrück gehörigen und vielleicht zum Sammelplatze bestimmten Orte Wiedenbrück eine Sprache gehalten sei; aber es ist das eben nur eine Möglichkeit und der Name nicht einmal sehr zutreffend. Von wirklich gehaltenen Sprachen auf dieser Fahrt wissen wir nur zu Bardewyk und, wo derselbe Tag gemeint sein dürfte, zu Lüneburg (Sudendorf registrum. 3, 55); da müssten wir den Namen ganz aufgeben. Nahe läge es gewiss, an Wittenburg in der Grafschaft Schwerin zu denken; dass König und Fürsten in der Nähe zu Blekede waren, wissen wir bestimmt; der Zweck des Zuges, die besondere Betheiligung des Grafen von Schwerin an den Angelegenheiten würden ein solches Vorgehen nicht unwahrscheinlich machen; aber nach den bestimmtesten Nachrichten mehrerer Schriftsteller sollen König und Fürsten die Elbe nicht überschritten haben. (Vgl. zu Böhmers Regesten meinen Engelbert. 123. 246.) Ueber den Rückweg des Königs sind wir nicht näher unterrichtet; die nächsten Urkunden zeigen ihn zu Frankfurt, und es muss unwahrscheinlich sein, dass er dabei etwa Wittenberge oder Wittenberg berührte. Noch unwahrscheinlicher ist es; dass der König bei einem seiner andern Aufenthalte in Sachsen an einen dieser, dem Namen nach nächstliegenden Orte gelangte; ausser auf Heerfahrten gingen die Könige dieser Zeit nicht über Goslar, Merseburg und Altenburg hinaus. Lassen wir aber den vielleicht stark korrumpirten Namen und damit den Grund für die Annahme der Entstehung auf einer Heerfahrt fallen, halten aber an Sachsen fest, so finden wir Aufenthalte in Sachsen und Hoftage zu Nordhausen, Goslar und Altenburg in den J. 1223, 1225, 1227 und 1234; das allein gibt also keinen bestimmteren Anhaltspunkt.

2. Der ganze Charakter des Gesetzes, die Sorge für den Landfrieden, für das Kirchengut, das Hervorheben des Zusammenwirkens von Kirche und Staat stimmt trefflich zu dem Streben der Reichsregierung während der Leitung des Erzbischof Engelbert und dürfte für eine Entstehung vor 1225 sprechen.

3. Am wichtigsten dürfte der Umstand sein, dass in der Treuga die Bestrafung der Ketzerei noch dem Ermessen des Richters anheimgestellt ist, während schon März 1224 durch eine kaiserliche Konstitution die Strafe des Feuertodes darauf gesetzt

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_096.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2016)