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die Anschauung des Princeps terrae, eines über ein geschlossenes Gebiet allein herrschenden Fürsten zu Grunde lag; seine Anwendung würde demnach mit der Schliessung der fürstlichen Territorien gleichen Schritt zu halten haben.

Ohne diesen Gegenstand hier weiter zu verfolgen, dürfte es vorläufig zum Belege genügen, dass wir den Ausdruck Principatus häufig und früh insbesondere in Oesterreich und Steier finden, also in Ländern, wo die von vornherein einheitlicher gestaltete Verfassung der Mark, dann insbesondere der Umstand, dass in ihnen kein geistlicher Fürst seinen Sitz hatte, den Begriff des geschlossenen landesfürstlichen Gebietes rascher in den Vordergrund treten lassen konnte. Schon 1143 und 1183 fanden wir den princeps Stirie erwähnt[1]; die Anschauung des Landesfürsten scheint weiter der Stelle im Vermächtnissbriefe Herzog Ottokars von 1187: cuius provincia cum nostra sit contigua sub unius pacis ac principis facilius valeat utraque moderari iustitia[2], unterzuliegen. Bestimmt spricht dann Herzog Leopold 1202 vom Rechte des princeps terrae auf die Bergwerke und 1209 erfolgt vor ihm der Rechtsspruch, dass die Cisterzienser keinen Vogt haben, nisi defensorem principem, qui caput est terre.[3] Auch den entsprechenden Ausdruck dominus terre finde ich, abgesehen von Urkunde des Herzogs von Niederlothringen, welcher sich schon 1107 patriae dominus nennt[4], nicht früher gebraucht, als in Urkunde Leopolds von 1192, wonach der Herzog als Landesherr die höhere Instanz über dem Richter ist.[5] Dem entsprechen denn vollkommen Stellen, wie 1191: ad gubernandum principatum nostrum; 1192: cum principatum Stirie obtinuisset; 1202: sub nostro principatu (Austrie) constitutis; gubernationem Stiriensis principatus; Orientalis et Stiriensis ducatus principatum.[6]

Fanden wir oben die Gebiete des sächsischen Pfalzgrafen und Landgrafen sehr bestimmt als Principatus schon 1199 bezeichnet, so wird sich ergeben, dass auch auf diese der Begriff des geschlossenen landesfürstlichen Sprengels sehr wohl anwendbar war; ebenso würde das für Böhmen und Mähren der Fall sein, wenn wir hier nicht die angeführten Stellen mit dem ältern Gebrauche in Verbindung setzen wollen.

In der Reichskanzlei bediente man sich des Ausdrucks in früherer Zeit überaus selten. Zuerst, so weit ich sehe, in Urkunde K. Konrads um 1145, wodurch er dem Herzoge von Brabant den Schutz omnium ecclesiarum – sub principatu Lotharingiae constitutarum überträgt[7]; der lotharingische Landesgebrauch mag dabei massgebend gewesen sein; die Fassung, weist auf die Amtsgewalt, nicht den Amtssprengel hin. Schreibt K. Friedrich 1177 an den Patriarchen von Aglei:

  1. Vgl. § 28 n. 1. 9.
  2. Schrötter 1, 90.
  3. Dipl. Stir. 1, 185. UB. d. L. ob d. Enns 2, 518.
  4. Butkens 1, 30.
  5. Or. Guelf. 3, pr. 31.
  6. Dipl. Stir. 1, 169. 183. 186. M. B. 4, 94.
  7. Butkens 1, 39.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_085.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)