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Ganz andere Verhältnisse finden wir im Lande Sachsen. In Kaiserurkunden erscheinen bestimmter als Fürsten bezeichnet nur die Grafen von Arnsberg[1], von Kalverlage oder Ravensberg[2], von Ballenstedt[3], von Nordheim, insofern wir unter dem Sigifridus comes in Urkunde von 1131 Sigfrid von Bomeneburg zu verstehen haben[4], besonders häufig der von Winzenburg[5], dann die von Orlamünde, Groitsch und Brene[6] und den Burggrafen von Magdeburg.[7] Nun bemerkten wir bereits, dass gerade in Sachsen zwischen Principes und Nobiles scharf unterschieden wird, wie wir hier auch einige Beispiele fanden, dass nicht alle Grafen den Fürsten zugezählt wurden.[8] Aus den bezüglichen Stellen ergeben sich bestimmt als Fürsten die Grafen Dedo von Groitsch oder Rochlitz, die von Brene, Wettin, Ravensberg und Stade, insofern unter dem Rudolfus comes der Magdeburger Urkunde von 1135 Rudolf von Stade zu verstehen ist, welcher auch in bremischer Urkunde als Princeps bezeichnet wird[9]; den in derselben Urkunde zu den Fürsten gezählten Retrardus comes weiss ich nicht näher nachzuweisen. Allerdings werden die in eben jenen Stellen nicht zu den Principes, sondern zu den Nobiles gerechneten Grossen, abgesehen von den Burggrafen, nicht als Grafen bezeichnet; aber es sind doch mehrfach solche unter ihnen, welche in jener Zeit häufig den Grafentitel führen, wie die von Schwalenberg, Schwerin, Valkenstein und Gleichen, falls den letztern der Edle Lambert in der Magdeburger Urkunde von 1135 angehört; auch wurde sonst auf den Titel solcher neugräflicher Geschlechter, wenn wir sie so nennen wollen, wohl Werth gelegt, wie wir z. B. in Urkunde Heinrichs des Löwen die Klasse der Comites, nämlich die von Blankenburg, Schauenburg, Dannenberg, Asleburg und Veltheim, von jener der Nobiles und Ministeriales bestimmt geschieden finden.[10]

Daraus ergibt sich bei vorgreifender Berücksichtigung der Resultate späterer Erörterungen über die Verhältnisse der einzelnen Grafschaften, dass man in Sachsen nur diejenigen Grafen zu den Fürsten rechnete, welche entweder, wie die von Orlamünde, Groitsch, Wettin und Brene als jüngere Söhne der markgräflichen Familien den Grafentitel führten und deren Besitzungen dann später häufig als reichslehnbare Grafschaften betrachtet wurden, oder aber solche, wie die von Arnsberg, Ravensberg, Winzenburg, Nordheim, Ballenstedt, Stade, bei welchen sich erweisen oder doch wahrscheinlich machen lässt, dass sie mit der Grafengewalt unmittelbar vom Reiche belehnt waren; dass dagegen die grosse Zahl sächsischer Edelherren, welche von geistlichen und weltlichen Grossen belehnt waren und durchweg erst im zwölften Jahrhunderte begannen, den Grafentitel davon zu führen, nur dem Stande

  1. Kindl. Volmest 2, 17.
  2. Böhmer c. d. 13. Jung 361.
  3. Notizenbl. 1, 99 Jung 361.
  4. Notizenbl. 1, 99.
  5. Vgl. § 37. § 55. 58 n. 1.
  6. Vgl. § 55.
  7. Vgl. § 56.
  8. Vgl. § 37. 55.
  9. Vgl. § 53 n. 11.
  10. Lüb. UB. 1. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_114.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)