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sie die Unseren durch den Bau von Pyramiden und zwangen sie, mancherlei Künste zu erlernen und sich an schwere Arbeit zu gewöhnen. 204 Dieses Schicksal ertrugen sie volle vierhundert Jahre, und es schien beiderseitig ein Wetteifer zu entstehen, in welchem die Aegyptier die Israëliten durch übermässige Arbeit zu Grunde richten, diese hingegen darthun wollten, dass ihnen keine Anstrengung zu gross sei.

(2.) 205 Während sich die Unseren mit solchen Arbeiten befassen mussten, ereignete sich etwas, das bei den Aegyptiern den Wunsch, uns zu vertilgen, noch reger machte. Einer von ihren Schriftkundigen (denn diese waren in der Vorhersagung der Zukunft bewandert) weissagte dem König, es werde um jene Zeit aus hebraeischem Blute ein Knabe geboren werden, der, wenn er erwachsen sei, die Herrschaft der Aegyptier vernichten, die Israëliten hingegen mächtig machen werde. An Tugend werde er besonders hervorragen, und sein Andenken werde ein ruhmvolles sein. 206 Durch diesen Spruch wurde der König erschreckt, und er befahl, alle israëlitischen Knaben gleich nach der Geburt in den Fluss zu werfen und zu töten. Die aegyptischen Geburtshelferinnen sollten genau erforschen, wann die hebraeischen Weiber niederkommen würden, und die Geburt sorgsam überwachen. 207 Und nur aegyptische Geburtshelferinnen sollten bei Hebräerinnen Dienste thun, weil nur von diesen eine strenge Befolgung des Gebotes zu erwarten war. Diejenigen aber, die dieses Gebot überträten und ihre neugeborenen Kinder zu verbergen wagten‚ sollten mit ihrer ganzen Familie den Tod erleiden. 208 Den Hebräern erschien das Gebot grausam, nicht nur, weil sie ihre Kinder verlieren und noch selbst Henkersdienste an ihnen verrichten sollten, sondern auch, weil sie daran dachten, dass nach der Tötung ihrer Kinder auch sie selbst nicht lange mehr leben würden, da sie von Unglück und Trübsal würden niedergebeugt werden, und dass so ihr Geschlecht von Grund aus vernichtet werden würde. 209 Sie waren also in einer trostlosen Lage. Aber

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/107&oldid=- (Version vom 4.8.2020)