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Als Samuel das vernahm, erschrak er sehr und flehte die ganze Nacht hindurch zu Gott, er möge dem Saul verzeihen und ihm nicht länger zürnen. 144 Aber wie sehr auch der Prophet bat: Gott verweigerte dem Saul die Verzeihung, denn er hielt es für unzweckmässig, die Sünden auf die Fürbitte des Samuel hin nachzulassen, da diesen durch nichts mehr Vorschub geleistet werde als durch eine zu grosse Nachsicht von seiten derer, gegen die sie begangen würden. In dem Ruhme nämlich, den der Verzeihende durch seine Milde und Güte sich erwirbt, pflegt er nicht zu beachten, dass er dadurch der Sünde noch sogar Vorschub leistet. 145 Da also Gott dem Propheten die Erfüllung seiner Bitte verweigerte, und es feststand, dass er seinen Entschluss nicht ändern werde, begab sich Samuel frühmorgens zu Saul, der sich damals in Galgala befand. Sobald der König ihn erblickte, eilte er ihm entgegen, begrüsste ihn und sprach: „Ich danke Gott, der mir den Sieg verliehen, und ich habe alles gethan, was er befohlen hat.“ 146 Samuel aber entgegnete ihm: „Wie kommt es denn, dass ich im Lager das Geschrei von Gross- und Kleinvieh höre?“ Der König sagte darauf, das Volk habe dasselbe zum Opfern aufbewahrt; das Volk der Amalekiter dagegen sei nach dem Befehle Gottes vollständig ausgerottet‚ und es sei niemand am Leben gelassen worden als der König, den er gefangen mit sich geführt habe. Was mit ihm geschehen solle, das wolle er jetzt mit dem Propheten überlegen. 147 Da entgegnete der Prophet, Gott habe nicht so sehr Wohlgefallen an Opfern als an guten und gerechten Menschen. „Das sind aber,“ fuhr er fort, „diejenigen, die seinem Willen und Befehl Folge leisten, und die nur das für wohlgethan halten, was Gott ihnen zu thun geboten hat. Denn wisse, man verachtet Gott nicht dadurch, dass man nicht opfert, sondern dadurch, dass man gegen ihn ungehorsam ist. 148 Von denjenigen aber die ihm nicht gehorchen, nimmt Gott keine Verehrung wohlgefällig an, wenn sie auch viele und herrliche Opfer und die ausgesuchtesten Weihgeschenke

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/344&oldid=- (Version vom 23.9.2020)