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Hiermit hatte er Gott eine grosse und wohlgefällige Ehrenbezeugung erwiesen. Denn in der folgenden Nacht erschien ihm der Herr im Schlafe und hiess ihn für diese Frömmigkeit eine Belohnung verlangen. 23 Da erbat sich Solomon von Gott das Schönste und Beste, das er auch am liebsten verleiht, und das den Menschen am nützlichsten ist. Er verlangte nämlich nicht Gold oder Silber oder irgend welchen anderen Reichtum, wie ihn sich sonst wohl ein junger Mann gewünscht haben würde (denn das halten die meisten allein für schätzenswert und für Geschenke Gottes), sondern er sagte: „Gieb mir, o Herr, einen scharfen Verstand und ein klares Urteil, damit ich dem Volke Wahrheit und Gerechtigkeit verkünde, wenn ich zu Gericht sitze.“ 24 Über diese Bitte freute sich Gott so sehr, dass er ihm auch alles übrige, was er sich nicht gewünscht, verhiess, Reichtum, Ruhm, Sieg über die Feinde und vor allem Weisheit und Erfahrung, wie sie nie weder ein König noch ein anderer Mensch besessen habe. Auch versprach er ihm, er werde seinen Nachkommen die Königsherrschaft erhalten, wenn er in Gerechtigkeit und Gehorsam verharre und seinem Vater in allen Tugenden ähnlich werde. 25 Als Solomon dies von Gott vernommen, erhob er sich sogleich von seinem Lager, betete Gott an und kehrte nach Jerusalem zurück, wo er vor der heiligen Hütte viele Opfer darbrachte und alle die Seinigen bewirtete.

(2.) 26 In diesen Tagen brachte man einen schwierigen Rechtsfall vor ihn, dessen Entscheidung fast unmöglich erschien. Ich halte es für nötig, diese Sache kurz auseinanderzusetzen, damit die Leser die Schwierigkeit der Entscheidung begreifen und, falls sie in eine ähnliche Lage kommen sollten, an dem Scharfsinne des Königs sich ein Beispiel nehmen können, wie sie selbst in Streitigkeiten zu entscheiden haben. 27 Es kamen nämlich zum Könige zwei Buhldirnen, von denen die eine Unrecht erlitten zu haben behauptete und also sprach: „Ich wohne, o König, mit diesem Weibe hier in einem Gemach. Es traf sich nun, dass wir beide an demselben

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/470&oldid=- (Version vom 23.9.2020)