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Eigenschaften besass, hatte so viel von Solomons Weisheit und Tugenden gehört, dass sie vor Verlangen brannte, ihn persönlich zu sehen. 166 Denn sie wollte aus eigener Erfahrung seine Vorzüge kennen lernen und sich nicht mit dem blossen Gerücht begnügen, dessen Glaubwürdigkeit immer vom Berichterstatter abhängt und oft sehr zweifelhaft ist. Sie beschloss daher, sich zu Solomon zu begeben, um seine Weisheit auf die Probe zu stellen und ihm schwierige Fragen zur Entscheidung vorzulegen, und kam mit grosser Pracht und glänzendem Aufwand nach Jerusalem. 167 In ihrem Gefolge hatte sie Kamele, die mit Gold, verschiedenen Spezereien und kostbaren Edelsteinen reich beladen waren. Der König empfing sie mit besonderer Freundlichkeit und löste die ihm vorgelegten spitzfindigen Fragen infolge seines scharfen Verstandes schneller als man glaubte. 168 Die Königin geriet in Erstaunen, da sie merkte, dass seine Weisheit nicht nur ihre eigene übertraf, sondern auch noch grösser war, als das Gerücht sie bezeichnet hatte. Besonders aber erregte der Königspalast wegen seiner Schönheit, Grösse und der kunstvollen Anordnung der einzelnen Gebäude ihre Bewunderung: denn auch hierin prägte sich des Königs Weisheit aus. 169 Namentlich ein Gebäude, das „Wald des Libanon“ hiess, sowie die Pracht der täglichen Mahlzeiten, der Reichtum an Möbeln, die Kleidung der Dienerschaft und ihre Geschicklichkeit liessen sie aus dem Staunen nicht herauskommen. Auch die täglichen Opfer und die heiligen Handlungen der Priester und Leviten nahmen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. 170 Sie musste sich gestehen, dass das, was sie sah, sie so wunderbar ergriff, dass sie sich vor Staunen kaum zu halten wusste, und sie erklärte daher dem Könige, dass ihre Erwartungen weit übertroffen worden seien. 171 „Alles, o König,“ sagte sie, „was das Gerücht zu uns trägt, erregt Zweifel in uns. Von dem aber, was du besitzest‚ deiner Weisheit und Einsicht und deinen königlichen Schätzen, hat der Ruf nichts Unwahres berichtet, sondern ist vielmehr weit hinter der Wirklichkeit

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 497. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/496&oldid=- (Version vom 23.9.2020)