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Es war am 17. Januar um die vierte Stunde des Nachmittags, als sich die hunderttausend Gäste in der Halle einfanden und die schon bestimmten Plätze einnahmen. Durch deutliche Inschriften über den Pulten waren die Plätze für ein jegliches Instrument angewiesen. Um die fünfte Stunde der Todesstunde der Luitgarde Dampf, sollte das Concert mit einer großen Symphonie, deren Abdruck zum Einstudiren früher schon überallhin versandt worden war, beginnen. Während des Stimmens der Instrumente wurden einige hundert Virtuosen vollkommen taub von dem fürchterlichen Lärmen; übrigens war ihnen diese Taubheit kein Hinderniß, das Concert dennoch mitzumachen.

Endlich schlug die Stunde und der Automat gab das Zeichen zum Anfange; es war ein Getöse, wie wenn zwei Welten aneinanderstießen, und aus der Mitte der brausenden, zischenden, schmetternden, donnernden Instrumente tönte das mächtige Instrument Lokomotiv´s heraus. Der Automat hatte eben Fortissimo angezeigt, und es brauste, als ob die Erde sich öffnen wollte, da sprang plötzlich der Kamin auseinander, und Krystallstücke fielen hinab in den Krater, aus dem sich eine Riesengestalt erhob, furchtbar schön anzusehen, mit blonden Locken, die ihren Rücken umflatterten, grüne Lorbeerzweige um die Stirne gewunden und eine Cither in der Hand: es war Apoll. Eine Thräne perlte in seinem Auge, als die Musik sanfter wurde und die Trauer eines liebenden Sohnes aus ihr klagte.

Bis jetzt hatten die Musiker seine Gegenwart nicht bemerkt: erst als der erste Satz zu Ende war, sahen sie was sich zugetragen.

Apollo aber neigte sich zu ihnen herab und sang: Der Geist des Vaters ist groß geworden in seinen Kindern, sie jubeln und rasen in heiligen Tönen, und haben das Größte, das Höchste vollendet; sie haben's erreicht zurückzukehren, und dürfen nun singen zu seinen Füßen im hohen Olymp: doch Einer von ihnen, der Erste, der Beste, er ruhe mir zur Seite auf goldenem Sessel, und begleite mein Lied mit den schwellenden Tönen des Doppelclaviers.

So sang er und griff mit der Rechten nach Lokomotiv und stampfte mit dem Fuße, und in Rauch und Flamme stürzte das Gewölbe zusammen, und es gab keine Virtuosen mehr auf Erden.






Geschichten, wie man sie sich in Pommern erzählt.
Vierte und fünfte Geschichte.



Menagerie in Damm. (Pommern.)

Cicerone.      Dieses, meine Herren, ist ein Basilisk, wen dieses Thier anblickt, der muß sterben.

Bauer.      Schlag! blio he mi damit vom Liew![VL 1]

Cicerone.      Fürchten Sie sich nicht, dieses Thier sitzt ja in Spiritus!

Bauer.      Kann he denn dat verdragen?


Anmerkungen der Vorlage

  1. Bleibe er mir damit vom Leibe.





Pferdemarkt zu Gützkow. Da wird nur Wein getrunken. Der Wirth hat nur eine einzige aber eine Riesenflasche mit Wein. Nun fragt er die Gäste, was sie haben wollen, sauren oder süßen? Auf erstere Bestellung schenkt er sanft ein, auf die zweite schüttelt er die Flasche heftig. Verlangt dann aber Jemand wieder sauern, so muß er warten, bis der Syrup sich gesenkt hat.



Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/121&oldid=- (Version vom 23.12.2022)