Seite:Franz Kampers - Kaiser Friedrich II - Der Wegbereiter der Renaissance - Seite 33.jpg

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die auserlesene künstliche Ornamentik zu bewundern.“ Dann rühmt Edrisi „die turmgekrönten Paläste, die prächtigsten und stolzesten Gebäude, Moscheen, Kaufhäuser, Bäder und Läden der Handelsleute.“ Von der Moschee Gâmi, die dem christlichen Kultus zurückgegeben war, heißt es: „Man vermag sich kaum ein Bild zu machen, wieviel Schönes sich an ihr findet, kunstvoller Schmuck fremdländischer Arbeit, seltsame, nie gesehene Skulpturen und Malereien, goldene und buntfarbige Zierate …“ Ringsum ist das Land von Wasserläufen durchzogen, allenthalben sprudeln Quellen hervor. Palermo ist überreich an Früchten. Seine Gebäude, seine zierlichen Villen kann man nicht beschreiben in ihrer berückenden Pracht. Mit einem Wort: diese Stadt wirkt sinnbetörend auf den Beschauer …“ Edrisi übertreibt nicht. Die von der Natur bevorzugte, fruchtbare Insel mit ihrem damaligen Gewerbefleiß und Geschäftssinn, das Eingangstor des Abendlandes für die Orientalen, war in der normannischen Zeit zum reichsten Lande der Christenheit geworden. Die Hauptstadt Palermo hatte in der Welt nur eine Nebenbuhlerin, die an Schönheit und Größe mit ihr wetteiferte: die Kaiserstadt am Bosporus. Von dieser vergangenen Größe zeugen heute noch ganz besonders der ragende Dom von Monreale und die Königsgräber in Palermo, die für ihre Zeit einzig waren. Kein Wunder, daß Friedrich II., der größte Sohn dieser Insel, von ihr, seinem Augapfel, sagt: „Ein Hafen ist sie in den Flutungen und unter Dornengestrüpp ein Lustgarten!“ Der Gott der Juden, meint er ein ander Mal, hätte nicht so viel Wesens vom gelobten Lande gemacht, wenn er sein sizilisches Reich gekannt hätte.

Eine zweitausendjährige Geschichte hat dieses schöne Land. Seine geographische Lage und seine wirtschaftliche Bedeutung machten es zum Zankapfel der Jahrhunderte. Griechen, Römer, Byzantiner, Araber, Normannen haben nacheinander mit gieriger Hand Besitz von ihm genommen. Seine große Geschichte umfaßt aber nur einen kleinen Zeitraum: beginnend mit dem Normannenkönig Roger I. und schließend mit dem Staufer Friedrich II. Bald nach diesem Kaiser haben die Spanier die Aussaat der drei großen sizilischen Herrscher und Gesetzgeber vernichtet und die Insel zur Heimstätte des Elends und der Verbrechen gemacht.

In dieses von Menschen verschiedensten Stammes bewohnte Land, die alle in dem weichen Klima leicht zu sorglosen und tückischen Tagedieben entarteten, verlegte Friedrich den Schwerpunkt des römisch-deutschen Reiches. Sollte das mehr sein als die Laune eines Despoten, sollte die Insel wirklich die Hauptträgerin der grundsätzlich mit allen historischen Voraussetzungen brechenden Politik dieses Kaisers werden, sollte Sizilien das erste Land sein, in welchem die Unbedingtheit des mit dem römischen Rechte wieder erstandenen Kaisergedankens der Augusti nicht nur eine über dem Menschen schwebende, unfaßbare, stolze Idee, sondern eine wirkliche Tatsache war, so ergab sich die Notwendigkeit, daß Friedrich alle Kräfte seines süditalienischen Staates straff zusammenfaßte und durch die Wohltat der erreichten Ordnung den Willen zur Nation in dem bunten Völkergemisch weckte. Aus dieser Erkenntnis heraus, aber auch mit dem normannischen Triebe zum Staat und mit der Liebe des Italieners zur Heimat begann Friedrich die großartige Wiederherstellung des Reiches Rogers II.

„Sizilien ist der Tyrannen Mutter“, sagte der Staufer einmal. Seine halborientalischen Untertanen, die den Herrscher als etwas Überirdisches und Heiliges verehrten, brauchten den Tyrannen, der seinen Willen der Selbsterhaltung und der Erhaltung des Staates zum ordnenden, ausgleichenden, die Neigung zum Nichtstun und zum Verbrechen scheuchenden Gesetz erhob. Das hatten schon in vorchristlicher Zeit die Griechen erkannt, als sie dieses Land durch Tyrannen zur ruhigen Arbeit zwangen und es damit zum ersten Male zum Bollwerk des Abendlandes gegen eine semitische Weltmacht, gegen Karthago, machten.