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Abb. 34. Das Rad der Fortuna aus Herrad von Landsberg. (Hortus deliciarum. Um 1175)

Mit dieser Auffassung der Fortuna Caesarea knüpft der Kaiser nach vielen dazwischenliegenden Jahrhunderten durch byzantinische Vermittlung an die Fortuna des altrömischen Imperators an. Ja, er stellt, so sonderbar das scheinen mag, durch die Übernahme dieser für den römischen Imperator so bedeutsamen Umschreibung der übermenschlichen Majestät einen Zusammenhang mit der Gedankenwelt jener Völker des Ostens her, die auch den Weltherrschaftsgedanken prägten und diesem allgemein-menschlichen Inhalt gaben.

Friedrichs Fortuna ist „das beseelte Gesetz auf Erden“, ebenso wie die Tyche Justinians in den Novellen „die beseelte Weltordnung“ ist. Fortuna und Tyche sind in beiden Fällen die gleiche Hypostase, die in engster Beziehung zum Herrscher steht. Dass es sich wirklich um eine Hypostase handelt, tut die ganze Entwicklungsgeschichte des Begriffes Tyche dar. Dieser kennzeichnet schon den hellenistischen Herrscherkult. Er ist aber kein hellenistisches Eigengut, sondern ein durch den hellenistischen Geist hindurchgegangenes orientalisches Erbe. Vom Hvarenô, dem leuchtenden Nimbus der göttlichen Majestät in der Lehre der Perser, führt die Entwicklungsgeschichte dieses Begriffes zu dem kaiserlichen Genius Roms. Wie die Fravashi des Königs – der von der Körperwelt unabhängige, unvergängliche Teil der Seele – durch das Hvarenô, wie der Daimon durch die Tyche, so wird der Genius des Kaisers durch die Fortuna erhöht. Tyche-Fortuna bezeichnet demnach die antike und die friederizianische Form des Gottesgnadentums. Von hier aus wird das Wort des Staufers verständlich: „Seit der Caesaren erlauchte Natur mit glückhafter Kraft unsere königliche Veranlagung