Seite:Franz Kampers - Kaiser Friedrich II - Der Wegbereiter der Renaissance - Seite 54.jpg

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zu Tag mehr zuspitzten, den Papst immer unbedingter erscheinen ließen, trägt jene Idee, welche die Welt jahrhundertelang in Aufregung hielt, wie jene Äußerungen erkennen lassen, greisenhafte, hippokratische Züge. Aus Friedrichs Manifesten aber brechen mit elementarer Gewalt neue Gedanken hervor. Diese ergießen sich, wie der aus dem Felsen sich stürzende Gießbach, aufwühlend und vieles mit sich fortreißend über das Land. Der Staufer war feinhörig für die Stimmen der Zeit. Mit dem Instinkte des Genies fühlte er, daß in den Massen sich ungestüm das Verlangen nach dem Neuwerden der Welt regte. Er wird es verachtet haben dieses nicht abgeklärte Gären und Drängen; aber er erkannte, daß hier Kräfte sich regten, die er gegen den Papst auf dessen ureigenstem Gebiete, dem geistigen, ausspielen konnte, die er aber auch selber in den Dienst seines auf dem neuen Gedanken der natürlichen Ordnung der Welt aufgebauten absoluten Herrscherideals zwingen konnte. Der Friede des Augustus, die Harmonie der Welt, von der die lobpreisenden römischen Sänger kündeten, war des Kaisers Staatsziel. Das Wort „Friede“, das in den Massen noch ein religiöser Notschrei war, hat er zu einem Schlachtruf wider die Kurie gemacht.

Abb. 42. Von Friedrich II. erneuerte Normannenburg in Gioja del Colle. Außenansicht. Aufnahme W. Miesler, Lippstadt

Im Jahre 1232 ertönte „das große Hallelujah“. So nannte man die Friedens- und Bußandachten in weiteren Teilen Oberitaliens. Minderbrüder, welche die aus Inbrunst und Herzensreinheit geborenen Gedanken des Franz von Assisi vergröberten, waren die Urheber dieser geistigen Bewegung. Laut verkündeten diese den Frieden, kehrten aber die von ihnen entzündete Glaubensglut gegen die Ketzer. Diese Bewegung wurde unterdrückt. Die Sehnsucht nach Frieden blieb aber eine Macht. Und dieser Stimmung kam der Kaiser bald darauf entgegen. „Den liebsten Dienst,“ sagte er, „meinen wir dem lebendigen Gott zu erweisen, wenn wir auf den Friedensstand des ganzen Imperium um so freudiger sinnen, je sichtbarer die Vorzeichen sind, unter denen wir solches dem himmlischen Willen entnehmen.“ Dann standen Propheten auf, welche sich Joachims von Fiore gefeierten Namen beilegten. Sie verkündeten die Nähe des Friedensreiches. Und Friedrich, so abhold er auch jeglicher Mystik war, spielte den Heros dieser