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und einzige Religion sei.

Abb. 46. Bildnis des Kaisers Friedrich II. Miniatur aus einer Handschrift des Vogelbuches Friedrichs II.

Die Unsterblichkeit der Seele hatte er geleugnet. Viel beschäftigte sich Friedrich auch mit den Schriften eines anderen Anhängers des Stagiriten, des Juden Maimonides, der zu Kairo im Dienste des Sultans 1204 starb. Dieser lehrte, daß es ein vom Glauben unabhängiges Wissen gebe. Die Unsterblichkeit gestand er nur den Weisen, nicht aber der Allgemeinheit zu. Das wäre also eine bedingte Unsterblichkeit, die sich mit der antiken Auffassung von einem verklärten Jenseits für die großen Männer im „Traum des Scipio“ berührt. Ob Friedrich sich diese Vorstellung zu eigen machte, wissen wir nicht. Das aber ist gewiß, daß ihn die Fragen nach dem Fortleben über den Tod hinaus fortwährend lebhaft beschäftigten. Von dem marokkanischen Gelehrten Ibn Sabin erbat er sich einen Beweis für die Unsterblichkeit der Seele. Die wortreiche Antwort auf diese Bitte war wenig befriedigend. Die Anekdote erzählt, die Freude des Kaisers am Experiment wiedergebend, daß er diese den Menschen am meisten beschäftigende Frage einmal auch praktisch zu lösen versucht habe. Darnach sperrte er einen Mann in ein dicht verschlossenes Weinfaß und ließ ihn umkommen, zum Beweis, daß die Seele, die aus dem Fasse nicht entweichen konnte, mit dem Körper untergehe. Mag das eine Erfindung sein oder nicht, – die Behauptungen seiner Gegner, daß er an Unsterblichkeit und Jenseits nicht glaube, treten zu verschiedenen Zeiten und so häufig auf, entsprechen auch so sehr der ganzen Sinnesart Friedrichs, daß wir sie nicht bezweifeln können. „Die Seele“, sagt Kardinal Rainer, habe Friedrich gelehrt, „verweht wie ein Hauch und wird verzehrt wie ein Apfel, den man vom Baume abpflückt, und der, gleich dem Menschen, aus den vier Säften zusammengesetzt ist.“ Auch die Fragen, die er an den ersten Gelehrten seines Hofes, Michael Scotus, richtete, lassen diese Skepsis des Kaisers erkennen. Ihm dient die Beschäftigung mit den Grundlehren des Glaubens nur „zur Ergötzung“. Wenn er hier fragt: „Was tun die Engel und Heiligen ununterbrochen vor Gott?“ so glauben wir wieder das sarkastische Lächeln des Glaubensverächters zu sehen. Wenn er dann weiter fragt, ob nicht, „die erste Liebe oder doch wenigstens der Haß eines in das andere Leben übergegangenen Menschen“ einen Grund zur Rückkehr ins Leben gebe, so tritt hier deutlich die durchaus unchristliche Einstellung des Kaisers in die Erscheinung, wie auch in dem Worte dieses Gewaltigen, dem der Haß eine Tugend war: „Und wäre ich schon mit einem Fuße im Paradiese, ich zöge ihn zurück, dürfte ich Rache nehmen an Viterbo.“ Schon als er im Heiligen Lande weilte, erkannten die strengen Muslimen, daß er ein Materialist sei, der an