Seite:Franz Kampers - Kaiser Friedrich II - Der Wegbereiter der Renaissance - Seite 62.jpg

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haben die Welt betrogen: Moses, Christus und Mohammed!“ Dieses schon vor Friedrich geprägte Wort soll der Kaiser nach der Anschuldigung des Papstes aufgegriffen haben. Ob er es gesagt hat, ist nicht unbedingt erwiesen. Daß er es gesagt haben kann, ist sicher. Dieser Ausspruch nun ist verwandt mit der bekannten Erzählung von den drei Ringen, die vielleicht gerade in Friedrichs Zeit Gestalt annahm. Ein religiöser toleranter Indifferentismus spricht sich in jenem Wort und in dieser Erzählung aus: Friedrich war in der Tat tolerant – soweit nicht das Interesse des Staates in Frage kam. Mohammedaner durften in Sizilien von ihren Gebetstürmen aus die Gläubigen zum Gebete rufen. Die Juden behielten ihre Synagogen. Nur die Ketzer verfolgte der Kaiser mit seinem ganzen Hasse, nicht um des Glaubens willen, sondern weil sie die Religion des Staates, auf der dieser doch nun einmal ruhte, bedrohten. Er faßte also die Religion ganz im antiken Sinne als Staatsreligion. Ein religiöser Frevel war, wie im kaiserlichen Rom, ein Verbrechen gegen den Staat und gegen die Majestät dessen, der ihn vertrat. Der Glaube der Untertanen an den Kaiser stützte sich auf die Autorität der Kirche. So war ein Auflehnen gegen diese Autorität ein Majestätsverbrechen. Von diesem Gesichtspunkt aus erklärt sich der Widerspruch, daß ein Freigeist, der selber sich im Heiligen Lande des arabischen Schmähwortes für die Unreinen, die Christen: „Schweine“ bediente, Ketzergesetze erließ.

Abb. 49. Brettspiel aus den Carmina burana. (Cod. lat. Monac. 4660. 13. Jahrh.) Aufnahme A. Reusch, München

Wenn Friedrich der Weisheit des Avicenna folgte und zu den höchsten Problemen der Metaphysik Stellung nahm, wenn er mit Averroës die persönliche Unsterblichkeit leugnete, so hat er die Augen der Welt auf die Philosophenschulen seines Reiches gelenkt, zugleich aber auch den autoritätslosen Zweifel verbreiten helfen, der bald in Italien den Humanismus beherrschen sollte. Wenn er aus politischen Gründen die Gedanken eines Joachim von Fiore und eines Franz von Assisi von der Notwendigkeit der Reformation der Kirche, der Zurückformung in den Zustand der apostolischen Einfachheit, von seiner Hochwarte aus laut hinausrief in die Welt, so sollte dieses Wort „Reformation der Kirche“ mit dem Tone des Hasses, den der Kaiser hineinlegte, von Mund zu Mund, von Generation zu Generation vornehmlich in Deutschland weitergetragen werden.