Seite:Franz Kampers - Kaiser Friedrich II - Der Wegbereiter der Renaissance - Seite 86.jpg

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äußert sich auch in der Tatsache, daß hier, ebenso wie in Italien, mehrere falsche Friedriche auftauchten und Glauben fanden, ferner darin, daß Bauern erzählten, sie hätten den Kaiser – und damit gehen Züge Wotans auf diesen über – als Waler durch das Land ziehen sehen.

Abb. 84. Grabmal Kaiser Friedrichs II. Palermo, Kathedrale

In diese Vorstellung vom Fortleben des Kaisers, die sich sehr bald in die von seiner Wiederkehr wandeln mußte, kleidete das Volk nun immer mehr seine leidenschaftlichen Hoffnungen auf eine Reform der verweltlichten Kirche. Indem es dabei zurückgriff auf die alten sibyllinischen Verheißungen eines großen Idealkaisers, der vor dem Auftreten des Antichrist und nach dem Strafgericht über den Klerus, ein Reich des beseligenden Friedens begründen und dann auf Golgatha Krone und Zepter niederlegen werde, nahm es dem Mythus Friedrichs II. alle persönlichen Züge. Hundert Jahre nach dem Tod des Staufers schrieb Johannes von Winterthur – nicht ohne seinerseits Widerspruch zu erheben – von einem viel verbreiteten Aberglauben: „In diesen Tagen verbreitete sich bei zahlreichen Leuten jedes Standes die Meinung, daß Kaiser Friedrich der Zweite dieses Namens in größter Machtfülle wiederkehren werde, um den völlig verschlechterten Zustand der Kirche zu reformieren. Die Leute, welche diese Meinung vertreten, fügen hinzu, daß er notwendig kommen müsse, auch wenn er in tausend Stücke zerschnitten oder zu Asche verbrannt worden wäre, weil es Gottes unabänderlicher Ratschluß sei, daß es so geschehen müsse. Nach dieser Meinung wird er, sobald er vom Tode auferstanden und auf die Höhe seiner Herrschermacht zurückgekehrt ist, die armen Frauen und Jungfrauen reichen Männern zur Ehe