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 „Er wartet nur des Augenblicks“ ist nur eine Prophezeihung, ist nur in die Zukunft gesprochen.

 Präs.: Die Stelle: „O Volk, und immer Friede nur in deines Schurzfell’s Falten“ meint die Anklage, daß sie zum Kampfe auffordere.

 Freil.: Es ist dies nur ein Bild. Wie kann ein solches Bild gebraucht werden für den wirklichen Krieg; denn aus dem Schurzfelle ist der Krieg nicht herauszuschütteln und es spricht diese Stelle dafür, daß ich einen moralischen Kampf gewollt.

 Präs.: Es kann diese Allegorie doch dahin gehen. Die Worte: „Laß deinen Ruf: „die Republik!“ die Glocken überdröhnen“ ist von der Anklage hervorgehoben worden, weil es scheint, als habe die Bewaffnung, welche Sie wollen, nicht dem Schutze, sondern dem Angriffe gegolten.

 Freil.: Es fragt sich, ob diese Stelle ein Ruf zur Bewaffnung gegen die bestehende Ordnung sei.

 Präs.: Ist die Stelle: „Gehobnen Armes, weh’nden Haar’s dasteht er wild und prächtig!“ eine Prophezeiung?

 Freil.: Ja. Die Worte „darinn wir liegen strack und starr, ganz eine freie werde“ sind aus dem Zusammenhange gerissen und können nur verstanden werden, wenn von „Indessen“ . . . . begonnen wird. Es ist in die Zukunft gewiesen. So lange wartet, habe ich sagen wollen, bis die Stunde schlägt, bis die historische Nothwendigkeit ein Freiwerden herbeiführt. Das ist der ganze Commentar des Gedichtes.

 Präs.: Der Inhalt des Gedichtes ist also der, daß Sie darinn zu einem Kampfe, aber zu einem moralischen auffordern, daß Sie unter dem Kriege nicht die physische Gewalt, sondern die moralischen Waffen verstehen. Ferner, daß in dem Gedichte eine Bezeichnung der zukünftigen Lage der Dinge sei und daß Sie daß Herz zu ergreifen gesucht haben und daß die Verwirklichung

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Stenographischer Bericht des Processes gegen den Dichter Ferdinand Freiligrath. Düsseldorf 1848, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/37&oldid=- (Version vom 18.8.2016)