daß sie da sind zur Aufrechthaltung der März-Errungenschaft. In diesem Gedichte wird die Macht der Stimme in Anspruch genommen. Das Abnorme unserer Zustände ist, daß wir nichts Bestimmtes haben und dieser abnorme Zustand wird so lange dauern, bis eine feste Form an dessen Stelle getreten. M. H. blicken Sie eine Woche, einen Monat zurück auf die Märztage, so werden Sie Aufreizung zu Waffengewalt in Blättern finden, welche größer sind als das, was man in das Freiligrath’sche Gedicht hinein interpretirt hat. Ich will nicht anklagen, aber 117 u. 212 der Rh.- u. Moselztg. fordert zur Waffengewalt auf. Die kölnische Zeitung und die neue rheinische Zeitung dasselbe. Ist jene Redaktion, ist jener Correspondent, ist jener Antragsteller in Anklagezustand versetzt worden? Ist das in Köln, Koblenz, Mainz geschehen? Nein. Was dem einen Recht, ist dem andern billig. M. H. Sie werden auf die Annahme dieses Grundsatzes eingehen.
Ich würde erröthen, dem öffentlichen Ministerium den Verdacht zu unterstellen, als habe es gewollt, der Dichter sei eher strafbar, als ein andrer Schriftsteller, denn sonst wäre des Dichters Wort wahr:
„Der Dichtung Flamme ist allemal ein Fluch.“
der Freispruch bleibt unbedingt für ihn übrig.
Was bleibt noch zu sagen? können wir bei alle dem noch zweifelhaft sein, so sehen Sie auf den ruhigen gefühlvollen Mann, mit festem, klaren Blick, den Sie kennen, der unter uns gelebt hat. Sein Charakter ist fleckenlos, es ist ein Mann, welcher der Familie alles ist, Ernährer und Bringer aller Freuden und in letzter Zeit aller Leiden. Ich will Sie nicht in das Heiligthum der Familie einführen, aber in die Werkstätte des Poeten will ich Sie führen; er ist der Dichter. Der Dichter gehört seinem Volke. Sie finden den Dichter, wild, verwegen, seine Phantasie trägt ihn weit von der Heimath; die Liebe, das
Stenographischer Bericht des Processes gegen den Dichter Ferdinand Freiligrath. Düsseldorf 1848, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/53&oldid=- (Version vom 17.8.2016)