am Tage nach dem Morde zu dem Herrn Bürgermeister gegangen sei und diesem gesagt habe, den Mord kann nur ein Jude ausgeführt haben, er wisse von seinem Sohne, der Arzt sei, daß die Juden Christenblut zu rituellen Zwecken nöthig haben. – Zeuge: Davon weiß ich nichts. – Verth.: Ist es wahr, daß Sie am 29. Juni, Abends zwischen 10 und halb 11 Uhr bei Buschhoff vorübergegangen sind und gerufen haben: Schöne Polizei in Xanten; wenn ich Polizei hier wäre, dann würdest Du schon längst festsitzen. Buschhoff hat Ihnen geantwortet: Wenn Sie etwas wissen, dann ist es Ihre Pflicht, der Behörde Anzeige zu machen. Sie haben hierauf den Buschhoff gefragt: Ist vielleicht ein Meschuggener (Verrückter) in Ihrer Familie? – Zeuge: Das ist nicht wahr. – Vertheidiger: Sie stellen also all’ dies in Abrede? – Zeuge: Es ist ja möglich, daß ich etwas Aehnliches gesagt habe. – Verth.: Am 3. März d. Js. enthielt der „Xantener Bote“ ein Gutachten, unterschrieben von dem Handelsmann und Metzgermeister Heinrich Junkermann, wonach der Leichnam einen koscheren Schächtschnitt aufweist, der nur von einem Juden ausgeführt sein kann. Haben Sie dieses Gutachten geschrieben und unterschrieben? – Zeuge: Nein. – Vertheidiger: Haben Sie das Gutachten im „Xantener Boten“ zur Zeit gelesen, und haben Sie Schritte nach dem Manne gethan, der Ihren Namen in dieser Weise gemißbraucht hat? – Zeuge: Nein. – Vertheidiger: Haben Sie das Gutachten gelesen? – Zeuge: Jawohl. – Vertheidiger: Sie haben aber keine Schritte gegen den Mißbrauch Ihres Namens gethan? – Zeuge: Nein. – Vertheidiger: Dann beantrage ich, den Redakteur des „Xantener Boten“, Herrn Kaplan Bresser, als Zeuge zu laden.
Nach wiederholtem Befragen giebt der Zeuge Junkermann schließlich zu, daß er das Schriftstück unterschrieben, aber nicht selbst geschrieben habe.
Vertheidiger Rechtsanwalt Fleischhauer: Wissen Sie, wer das Schriftstück verfasst hat? – Zeuge: Nein, das weiß ich nicht. – Verth.: Ich halte meinen Antrag auf Ladung des Kaplan Bresser aufrecht.
Präs.: Nach der jetzigen Erklärung des Zeugen dürfte sich die Vernehmung des Kaplan Bresser erübrigen.
Vertheidiger Rechtsanwalt Gammersbach: Wir bestehen auf der Vernehmung des Kaplan Bresser, da wir einmal wissen wollen, ob der Zeuge das Schriftstück nicht
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)