eine ganze Reihe von Zeugen, die verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben wollten. Der frühere Untersuchungsrichter, Herr Landgerichtsrath Brixius hat uns gesagt: Die Zeugen wurden bei jeder Vernehmung immer bestimmter und klarer. Die Zeugenbekundungen machten schließlich die Verhaftung des Buschhoff nebst Frau und Tochter nothwendig. Die Staatsanwaltschaft war nach so vielen Zeugenbekundungen verpflichtet, die Voruntersuchung zu eröffnen. Mit der Führung der Untersuchung wurde Herr Landgerichtsrath Brixius betraut. Sie wissen, m. H., daß auch dieser Umstand zu sehr heftigen Angriffen in der Presse Veranlassung gegeben hat, da Herr Landgerichtsrath Brixius der Schwiegervater des Herrn Rechtsanwalts Fleischhauer ist. Dieser Angriff ist jedenfalls vollständig ungerechtfertigt, denn der Vertheidiger hat auf den Gang der Untersuchung erst dann Einfluß, wenn die Staatsanwaltschaft die Anklage erhoben hat. Inzwischen kam das Gutachten des Kreisphysikus Dr. Bauer; der bekundete: Der Halsschnitt müsse mit dem bei Buschhoff vorgefundenen Messer Nr. 13 geschehen sein. Dieses Gutachten war im Augenblick so schwerwiegend, daß zur Wiederverhaftung des Buschhoff geschritten wurde. Allein das Medizinal-Kollegium der Rheinprovinz und alle anderen medizinischen Sachverständigen stellte fest, daß mit dem Messer Nr. 13 der Mord nicht ausgeführt sein kann. Die medizinischen Sachverständigen haben ausgesagt, daß der Mord überhaupt mit keinem Schächtmesser, sondern eher mit einem gewöhnlichen Brodmesser ausgeführt sein kann, daß der Halsschnitt kein Schächtschnitt ist und auch nicht von einem Metzger ausgeführt sein kann. Die Sachverständigen haben uns gesagt, der Halsschnitt sei ein so ungeschickter gewesen, daß ein Metzger sich bei dem Schneiden hätte verstellen müssen. Es ist auch zweifellos festgestellt, daß der Mord am Fundort begangen worden ist. Dafür spricht ganz besonders der Umstand, daß so viel Blut bei der Leiche gefunden wurde, als dieselbe überhaupt verlieren konnte. Die Zeugen Bruckmann hatten auch ganz Recht gehabt, wenn sie geäußert hätten, Buschhoff wäre sehr dumm gewesen, wenn er die Leiche zur Parade in die Scheune gelegt hätte. Als Hauptbelastungszeuge trat ferner der Zeuge Mallmann auf. Sie haben den Mann gehört. Um das Zeugniß des Mallmann richtig zu würdigen, wäre es nothwendig gewesen, jeden Satz seiner Aussage sofort zu Protokoll zu nehmen, denn dieser Mann machte allerhand Seitensprünge; ein ungemein phantasiereicher Mann, der sich berufen glaubte, in der Sache Aufklärung
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/126&oldid=- (Version vom 1.8.2018)