Seite:Friedlaender-Der Knabenmord in Xanten (1892).djvu/142

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Nach Wiedereröffnung der Verhandlung ist der Zuhörerraum und die Tribünen Kopf an Kopf gefüllt, so daß im buchstäblichen Sinne des Wortes kein Apfel zur Erde gehen konnte.

Es nimmt das Wort Vertheidiger Rechtsanwalt Gammersbach (Cöln): Meine Herren Geschworenen! Der Fall Buschhoff, der uns 10 Tage lang beschäftigt hat, geht seinem Ende entgegen. Es unterliegt keinem Zweifeln, daß der Prozeß in den Spalten der Zeitungen noch lange Zeit Gegenstand der Erörterung sein wird. Auch die Bevölkerung in Xanten dürfte sich noch lange mit der Angelegenheit beschäftigen, für uns ist jedoch nach wenigen Stunden die Angelegenheit durch Ihren Wahrspruch erledigt. Meine Herren! Als die Verhandlung begann, da haben wir, die wir die Akten kannten, die Freisprechung erwartet, nachdem wir aber die Beweisaufnahme gehört, ist diese Erwartung bei uns zur Gewißheit geworden.

Die Herren Vertreter der Staatsanwaltschaft und meine beiden Herren Kollegen haben den Gang der Beweisaufnahme in so erschöpfender Weise beleuchtet, die Beweisaufnahme hat auch ein derartiges Ergebniß gehabt, daß ich es nicht für nöthig halte, Sie noch mit einer langen Rede aufzuhalten. Ich will nur zwei Punkte beleuchten, die in der Verhandlung eine Rolle gespielt haben. Meine Herren! Ein Hauptpunkt der Verhandlung war das Gutachten der Herrn Kreisphysikus Dr. Bauer über das Messer, das angeblich bei Ausübung des Mordes gebraucht wurde. Sie wissen, daß das Gutachten die Wiederverhaftung des Angeklagten veranlaßt und zum Theil auch die Veranlassung zur Erhebung der Anklage gegeben hat.

Herr Kreisphysikus Dr. Bauer hat sein Gutachten allerdings aufrecht erhalten, daß der Mord mit dem bei Buschhoff beschlagnahmten Messer Nr. 13 ausgeführt ist. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß das Gutachten des Herrn Dr. Bauer ebenfalls dazu beigetragen hat, die Sachlage zu trüben. Sie werden sich erinnern, meine Herren, daß die medizinischen Sachverständigen mit Bestimmtheit feststellten, daß der Halsschnitt kein Schächtschnitt, nicht einmal ein Metzgerschnitt war. Die medizinischen Sachverständigen bekunden, daß der Schächtschnitt stets senkrecht nach der Luftröhre zu ansetze, während der Halsschnitt des Ermordeten zeigte, daß das Messer schräg eingesetzt war. Die medizinischen Sachverständigen begutachteten endlich, daß das Messer Nr. 13 absolut ungeeignet zur Ausführung des