was diesen verdächtigen konnte. Ein weiterer Verdacht fiel auf den kleinen Siegmund Buschhoff. Ich nahm diesen in die Scheune mit, zeigte ihm die Leiche und fragte ihn: Kennst Du den? Der kleine Buschhoff murmelte einige unverständliche Worte und begann zu weinen. Auch bei Frau Buschhoff fiel mir auf, daß diese außerordentlich freundlich mir entgegenkam. – Präsident: Kannten Sie denn das Wesen der Frau Buschhoff von früher? – Zeuge: Nein, es ist allerdings möglich, daß die Frau ein so freundliches Wesen hat, mir fiel aber ihr Wesen auf. Sehr bald fiel auch der Verdacht auf den Angeklagten Buschhoff. Einige Tage später kam der Vorsteher der jüdischen Gemeinde und der Oberrabbiner aus Crefeld zu mir in’s Hotel und fragten mich, wie es mit der Sache stehe. Alsdann kam Schreinermeister Hegmann, der Vater des ermordeten Johann, zu mir und sagte mir: ein Mann, Namens Mölders, will gesehen haben, wie Frau und Tochter des Buschhoff am Vormittage des 29. Juni den kleinen Hegmann in die Buschhoff’sche Wohnung gezogen haben. Ich lud sofort den Mölders vor, und dieser, der keineswegs betrunken war, zeigte mir in drastischer Weise, wie Frau Buschhoff und Tochter den Knaben in das Buschhoff’sche Haus gezogen haben. Der Polizei-Sekretär, den ich nah dem Leumund des Mölders fragte, sagte mir: der Mann sei etwas zweifelhaft, aber wenn er als Zeuge vereidigt werde, sei er wohl glaubhaft. – Auf weiteres Befragen bemerkt der Zeuge, daß er nur einige Tropfen Blut am Thatorte gefunden, so daß er die Ueberzeugung erlangt habe: der Mord sei nicht am Fundorte ausgeführt worden.
Es meldete sich alsdann nochmals der Zeuge Junkermann und bemerkt: Er erinnere sich nun, daß, als er sein Gutachten im „Xantener Boten“ gelesen, er in die Redaktion gegangen sei und dem Redakteur gesagt habe, das Gutachten sei nicht ganz richtig. Herr Kaplan Bresser habe ihn in Folge dessen aufgefordert, das Gutachten zu ändern.
Es wird alsdann Kreisphysikus Dr. Bauer (Mörs) als Sachverständiger und Zeuge vernommen.
Vertheidiger Rechtsanwalt Fleischhauer: Ich stelle zunächst an den Herrn Kreisphysikus die Frage: Ob er nach seinem letzten Gutachten mit dem Herrn Kriminal-Kommissar Wolff aus Berlin in Verbindung getreten ist?
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)