depeschirt hat: „Komme noch heute mit entscheidendem Fund“? – Sachverständiger: Jawohl, das habe ich depeschirt, der Fund war für mich entscheidend. – Vertheidiger: Waren Sie der Ansicht, daß Ihr Fund entscheidend für die Schuld des Buschhoff gewesen ist? – Sachverständiger: Ich muß bemerken, daß ich weit entfernt bin, zu behaupten, daß Buschhoff der Thäter gewesen ist. Wenn mein Gutachten etwa auf die Herren Geschworenen den Eindruck machen sollte, als müßte Buschhoff der Thäter sein, so ersuche ich dieselben, einen dicken Strich darüber zu machen. Ich bemerke ausdrücklich, daß ich die Frage, wer der Thäter gewesen ist, vollständig offen gelassen habe. Den Schnitt kann auch jeder Andere gemacht haben; es ist absolut nicht meine Aufgabe, die Thatfrage zu entscheiden, das ist selbstverständlich Sache der Herren Geschworenen. Allein wenn ich einen objektiv entscheidenden Fund gemacht habe, so halte ich es in meiner Eigenschaft als Gerichtsarzt für meine Pflicht, der Staatsanwaltschaft umgehend davon Anzeige zu machen.
Verth. Rechtsanwalt Fleischhauer: Ich behaupte, daß die Wiederverhaftung des Buschhoff durch das Gutachten des Herrn Kreisphysikus erfolgt ist und berufe mich hierüber auf das Zeugnis des Herrn Ersten Staatsanwalts.
Präs.: Ich habe den Herren Geschworenen noch nicht mitgetheilt, daß Buschhoff, der mit Frau und Tochter am 14. Oktober v. J. zum ersten Male verhaftet wurde, am 20. Dezember wieder aus der Haft entlassen, das Verfahren selbst aber nicht eingestellt worden ist. Anfangs Februar d. J. erfolgte die Wiederverhaftung des Buschhoff, weil neue Momente, die ich Ihnen noch nicht mittheilen will, um der Verhandlung nicht vorzugreifen, zu Tage traten.
Erster Staatsanwalt Baumgard: Ich muß bemerken, daß außer dem Gutachten des Herrn Dr. Bauer noch ein anderes Moment für die Wiederverhaftung maßgebend gewesen ist. (Während dieser Erörterung weint der Angeklagte Buschhoff.)
Präs.: Herr Dr. Nünnighoff, sind Sie auch der Meinung, daß die Durchschneidung des Halses mit dem Messer Nr. 13 geschehen ist?
Kreiswundarzt Dr. Nünninghoff: Ich kann in dieser Beziehung dem Herrn Kollegen Bauer nicht beipflichten, das Messer Nr. 13 scheint mir nicht geeignet, die vorgefundenen Verletzungen am Halse herbeizuführen.
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/19&oldid=- (Version vom 31.7.2018)