Verth.: Hat Junkermann in Xanten antisemitische Flugschriften vertheilt?
Zeuge: Es sind wohl in Xanten viele antisemitische Schriften, wie die „Dortmunder Reform“ u. s. w. vertheilt worden, ob sich aber auch Junkermann an dieser Vertheilung betheiligt hat, kann ich nicht sagen. Die antisemitischen Schriften wurden zumeist im Hotel Wilkens in Xanten vertheilt, in diesem Hotel hat auch Junkermann vielfach verkehrt.
Präsident: Was können Sie uns über den hier auch als Zeugen geladenen Mallmann sagen?
Zeuge: Mallmann hat sich an den Unruhen, die nach dem Morde in Xanten gegen die Israeliten stattfanden, in hervorragender Weise betheiligt. Wenn ich des Abends mit meinen Beamten die Straßen inspizirte, dann befand sich Mallmann gewöhnlich in den ersten Reihen der Skandalmacher und leistete meinen Aufforderungen, sich zu entfernen oder wenigstens nicht stehen zu bleiben, keine Folge. – Präs.: Mallmann war also gewissermaßen Agitator bei den Kravallen gegen die Juden? – Zeuge: Jawohl. – Präs.: Halten Sie den Mallmann für glaubwürdig? – Zeuge: Nein, keineswegs.
Verth. Rechtsanwalt Fleischhhauer: Ist es dem Herrn Bürgermeister bekannt, daß Buschhoff sich am 9. Juli bei ihm beschwerte, daß Mallmann ihn förmlich auf der Straße verfolge und ihm Mörder nachrufe? – Zeuge: Jawohl. – Vertheidiger: Buschhoff hat in Folge dessen Sie um Schutz gebeten? – Zeuge: Jawohl. – Vertheidiger: Hat nicht einmal der Zeuge Mallmann das Gerücht verbreitet, er habe gesehen, wie die Tochter des Angeklagten, die Hermine Buschhoff, die Leiche in einem Sack in die Küppers’sche Scheune getragen habe? – Zeuge: Jawohl. – Der Zeuge bemerkt im Weiteren, daß, als er die Leiche zum ersten Male gesehen, der sehr geschickte Halsschnitt den Verdacht in ihm rege machte, einer der in der Nähe wohnenden jüdischen Schlächter habe den Mord begangen.
Präs.: Machte lediglich der geschickte Schnitt diesen Verdacht in Ihnen rege? – Zeuge: Lediglich der geschickte Schnitt.
Der folgende Zeuge ist der Polizei-Sergeant Schlöhr. Dieser bekundet, daß er sofort nach Auffindung der Leiche nach menschlichen Spuren gesucht, er habe aber nur auf dem Gartenweg Fußspuren entdeckt. Das Thor fand er
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/35&oldid=- (Version vom 31.7.2018)